Erneuerbare Energien:Jenseits der Fossilen

Klimaschutz, nur wie? Der Umbau der Energieversorgung beschäftigt die Branche. Besonders die Windkraft steht im Fokus, es werden viel weniger Windparks gebaut als gedacht. Aber es gibt auch Fortschritte, sagt der Präsident der Netzagentur.

Von Michael Bauchmüller und Benedikt Müller

Deutschlands Stromversorger verlangen eine neue Aufbruchstimmung für die Energiewende. "Wir müssen bei den Bürgern wieder den Ton heben für das Projekt", sagt Marie-Luise Wolff, Präsidentin des Branchenverbands BDEW. "Das ist nicht Stuttgart 21, was wir da bauen." Der Umbau der Energieversorgung ist das dominierende Thema beim 14. Deutschen Energiekongress der Süddeutschen Zeitung - und die Sorge, dass er ins Hintertreffen geraten könnte. "Der Netzausbau stockt, der Windkraftausbau ist 2019 zusammengebrochen", sagt Wolff. Neue Flächen seien nicht verfügbar, die Deutsche Flugsicherung blockiere aus Sicherheitserwägungen unnötig Windräder.

Auch Wirtschaftsstaatssekretär Thomas Bareiß (CDU) räumte Schwierigkeiten ein. Vielerorts sträubten sich Bürger gegen neue Windparks. "Wir müssen die Menschen aber mitnehmen bei Entscheidungen." In den vergangenen Jahren sei viel erreicht worden für die Energiewende. "Ich spüre aber, dass die Stimmung kippt." Erst vorige Woche hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zum "Windgipfel" eingeladen, um das Problem zu eruieren - allerdings ohne konkrete Ergebnisse. Die Flaute beim Ökostrom dürfte auch eine Rolle spielen bei der entscheidenden Sitzung des Klimakabinetts. Kommende Woche Freitag sollen die zuständigen Minister über ein Paket beraten, mit dem sich das deutsche Klimaziel für 2030 erreichen lassen soll.

Aber es gibt Fortschritte, etwa beim Ausbau der Stromnetze. "Wir sind raus aus der Phase, wo wir nur diskutiert haben", sagt etwa Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. "Da ist eine gewisse Zuversicht angebracht." Doch auch er kritisiert die zähen Genehmigungsprozesse rund um neue Windräder. Erst am Dienstag hatte die Netzagentur die Ergebnisse der jüngsten Ausschreibung für neue Windparks an Land vorgelegt: Wieder gab es weit weniger Angebote, als geförderte Windkapazität ausgeschrieben war. Daher fordert auch Markus Krebber, Finanzvorstand des Energiekonzerns RWE, einen neuen Konsens zwischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. "Sonst reden wir in Deutschland am Ende nur noch über das Abschalten." Sein Konzern will die Ökostromsparte des Konkurrenten Eon übernehmen und stiege so - wenn die EU-Kommission das Tauschgeschäft rund um die RWE-Tochter Innogy erlaubt - zu einem der größten Grünstromerzeuger in Europa auf. "Wir als RWE freuen uns auf die Zukunft", sagt Krebber. Allerdings entschieden die Rahmenbedingungen darüber, wo Konzerne neue Ökostromanlagen errichten. "Das ist am Ende ein globaler Wettbewerb", so Krebber.

Europa will in diesem Wettlauf das Tempo noch anziehen. Schließlich hat die designierte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen "Green Deal" für Europa ausgerufen, samt höheren Klimazielen. Allerdings sei es nicht damit getan, wenn sich nur die Energiewirtschaft umstelle, sagt Klaus-Dieter Borchardt, einer der führenden EU-Beamten rund um das Thema Energie. Betroffen seien auch Haushalte, Landwirtschaft, die Industrie. Gelingen werde das nur mit einem Preis auf Kohlendioxid. "Das Umdenken beginnt", sagt Borchardt.

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