Süddeutsche Zeitung

Ermittlungen der NRW-Steuerfahnder:Auch UBS-Kunden müssen zittern

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Ermittler aus Nordrhein-Westfalen haben vier CDs mit Kundendaten mutmaßlicher Steuerhinterzieher gekauft. Betroffen sind nach Informationen von "Süddeutsche.de" auch Kunden der UBS. Damit trifft es diesmal eine der größten Banken der Welt - die auch noch von einem Deutschen geführt wird, dem ehemaligen Bundesbank-Chef Axel Weber.

Vier Datenträger haben die nordrhein-westfälischen Steuerbehörden in den vergangenen Wochen nach SZ-Informationen gekauft. Der brisante Inhalt der CDs: Informationen über mutmaßliche deutsche Steuerhinterzieher, die ihr Geld in die Schweiz geschafft haben.

Das Material sei "hochinteressant", sagt ein mit dem Fall vertrauter Experte. Nach Informationen von Süddeutsche.de haben die Fahnder diesmal Kunden einer der größten Banken der Welt erwischt: Auf den CDs finden sich Unterlagen der Schweizer Bank UBS. Das berichtet auch die Financial Times Deutschland.

Pikant: Das Geldhaus wird von Axel Weber geleitet, seit Mai 2012 ist er dort Verwaltungsratspräsident. Weber ist der ehemalige Chef der Deutschen Bundesbank - einer Aufsichtsbehörde der Finanzindustrie hierzulande.

Die UBS weist die Vorwürfe zurück. "Uns liegen keine Erkenntnisse vor, dass wir Opfer eines Datendiebstahls sind", sagte ein UBS-Sprecher in Zürich. Die IT der Bank habe keine Lecks registriert. Die Berichte über die Weitergabe von UBS-Daten hätten keine Basis, sagte er. Man schließe nicht aus, dass "einfach Politik" eine Rolle spiele.

Nach dem Kauf der vier CDs wird damit gerechnet, dass zum Ende des Sommers die ersten Verfahren eingeleitet werden. Dann könnten auch Namen eventuell weiterer betroffener Banken bekannt werden. Staatsanwaltschaften in Bochum, Düsseldorf, Köln und Münster sind mit den Ermittlungen befasst. Vor Wochen war bereits durchgesickert, dass sich auf einer der Scheiben etwa tausend Daten von Kunden des Zürcher Ablegers der Privatbank Coutts befinden.

"Die Finanzverwaltung erhält immer wieder Datenangebote", sagte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Nordrhein-Westfalen hatte seit 2007 bereits fünf CDs mit Angaben über deutsche Steuerhinterzieher erworben, die ihr Geld in Liechtenstein, der Schweiz oder Luxemburg gebunkert hatten. In anderen Bundesländern wurde häufig über ähnliche Käufe spekuliert - aber nur selten gekauft.

Stichprobe: Schwarzgeld in Millionenhöhe geparkt

Die Steuerfahnder hatten in den vergangenen Monaten etliche CDs überprüft und die vier Scheiben der Finanzverwaltung zum Kauf empfohlen. Die Gesamthöhe des Kaufpreises soll bei neun Millionen Euro liegen. Bei einer der Proben soll ein Steuerhinterzieher entdeckt worden sein, der in der Schweiz Vermögen in hoher zweistelliger Millionenhöhe verborgen hatte. Er hatte trotz der Aufregungen um CD-Käufe keine Selbstanzeige gemacht. "Nach den üblichen Maßstäben ist bei ihm keine Bewährungsstrafe mehr drin", heißt es in Behördenkreisen.

Über den Kauf von CDs war es in den vergangenen Wochen mit Blick auf das zwischen Deutschland und der Schweiz ausgehandelte, aber noch nicht ratifizierte Steuerabkommen zu heftigen Diskussionen gekommen. Finanzminister Wolfgang Schäuble forderte die Länder auf, keine CDs mehr zu kaufen: "Zufällige CD-Käufe können immer nur eine Behelfskrücke sein, sie bieten keinen umfassenden Ansatz zur befriedigenden Besteuerung", hatte Schäuble gesagt.

Von Seiten der nordrhein-westfälischen Behörden hieß es jedoch, das Land werde immer prüfen, ob angebotene Daten werthaltig seien. Wenn die Datenträger auf Steuerbetrüger hinweisen, "dann werden wir sie entgegennehmen, sagte Walter-Borjans bezogen auf die neuesten CD-Käufe. NRW bemühe sich mit dieser Vorgehensweise nicht aktiv um illegal beschaffte Steuersünder-Daten aus Schweizer Banken.

Walter-Borjans gehört zu den erbittertsten Gegnern des Steuerabkommens und erneuerte seine Kritik auch jetzt wieder. Zwar wolle auch er eine Vereinbarung mit dem Nachbarland. "Aber dieses Abkommen ist ein Abkommen, das die Schweizer Sektkorken knallen lässt", sagte der SPD-Politiker.

Das Steuerabkommen soll Anfang 2013 in Kraft treten, doch bisher fehlt die Zustimmung des Bundesrats. SPD und Grüne finden, dass Steuerhinterzieher zu einfach davonkommen. Vorgesehen ist, dass in der Schweiz geparktes Schwarzgeld pauschal mit 19 bis 34 Prozent besteuert wird. Künftige Einnahmen aus Geldanlagen, etwa Zinsen, sollen genauso besteuert werden wie hierzulande. Die Kontoinhaber bleiben dabei anonym.

Das Schweizer Parlament hat das Abkommen mit Deutschland bereits ratifiziert. Es verbiete, Kundendaten zu kaufen. Die Regierung des Landes hat eine klare Position: Wird das Abkommen im deutschen Bundesrat scheitern, werde es von Schweizer Seite keine Nachbesserungen geben.

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