Soziale Netzwerke:Facebook und das "Projekt Voldemort"

Social-Media-Studie: Netzwerk-Stress kann zu Sucht führen

Trotz aller Kritik konnte Facebook sowohl seinen Umsatz als auch seine Nutzerzahlen steigern.

(Foto: Franziska Gabbert / dpa)
  • Snapchat hat über Jahre Daten gesammelt, die Facebooks Missbrauch seiner Marktposition als Nummer eins belegen sollen.
  • Intern nannte Snapchat die Gegnerbeobachtung "Projekt Voldemort". Die US-Kartellbehörde FTC ist sehr interessiert.

Von Claus Hulverscheidt

Vielleicht hatte Evan Spiegel diesen Moment schon lange kommen sehen. Oder aber es war eine plötzliche Eingebung, als er die Juristen seines Foto- und Mitteilungsdienstes Snapchat vor Jahren anwies, alle tatsächlichen und vermeintlichen Missetaten des großen Rivalen Facebook festzuhalten und zu archivieren. So oder so: Heute erweist sich die Idee als cleverer Schachzug, denn die US-Kartellbehörde FTC zeigt seit Tagen großes Interesse an der Datensammlung. Sie könnte aus Sicht der Wettbewerbshüter bei der Aufklärung helfen, ob Facebook seine Position als Nummer eins unter den sozialen Netzwerken missbraucht hat. Einen Hinweis darauf, wie Snapchat selbst die Sache sieht, liefert schon der Name, unter dem die Gegnerbeobachtung lief: "Projekt Voldemort".

Spiegel ist wohl nicht der einzige Tech-Chef, dem beim Gedanken an Facebook-Gründer Mark Zuckerberg jener finstere Magier in den Sinn kommt, der in Büchern und Filmen dem Zauberlehrling Harry Potter das Leben schwermacht. Denn tatsächlich, so zeigt ein Bericht des Wall Street Journal, ging Zuckerberg oft alles andere als zimperlich vor, um sich Rivalen vom Hals zu halten: Er spionierte sie aus, setzte sie unter Druck, kupferte ab - oder kaufte sie einfach auf. Binnen 15 Jahren stieg Facebook so von einer Kommunikationsplattform für ein paar Hundert Studenten zu einem globalen Netzwerk auf, das heute jeder vierte Erdenbürger nutzt.

In dem Artikel wird ein Treffen Zuckerbergs mit Jungunternehmern vor einigen Jahren beschrieben, bei dem er die Gründer sinngemäß vor die Wahl gestellt haben soll: Entweder ihr verkauft mir euer Start-up zu dem Preis, den ich nenne, oder aber Facebook wird eure Angebote kopieren und euch vom Markt verdrängen. Dass das keine leere Drohung war, stellten etwa Spiegel und Dennis Crowley, der Chef des Restaurant-Empfehlungsdienstes Foursquare, schon bald fest: Kurz nachdem beide Zuckerbergs Kaufofferte zurückgewiesen hatten, bot Facebook seinen Nutzern plötzlich Spielereien an, die es zuvor nur bei den Konkurrenten gegeben hatte. Zugleich soll der Konzern wichtige Mitglieder seiner Netzwerke dazu gedrängt haben, bei der Verbreitung von Fotos auf jegliche Erwähnung von Snapchat zu verzichten.

Laut Bericht ist sich Facebook bewusst, dass man bei vielen Nachbarn im Silicon Valley äußerst unbeliebt ist. Doch die jetzt geplante Charmeoffensive könnte zu spät kommen, denn offenbar sind neben der Snapchat-Mutter Snap auch andere Firmen gern bereit, mit den Kartellwächtern der FTC zu kooperieren. Wie groß Zuckerbergs Sorgen mittlerweile sind, zeigen seine jüngsten Treffen mit führenden US-Politikern, darunter Präsident Donald Trump: Der Firmenchef habe Forderungen zurückgewiesen, die Konzerntöchter Instagram und Whatsapp zu verkaufen, hieß es nach den Gesprächen - was umgekehrt bedeutet, dass irgendjemand in den Unterredungen just eine solche Zerschlagung des Facebook-Imperiums verlangt haben muss.

Weitere Vorwürfe gegen Facebook: Der Konzern tut zu wenig gegen Hass-Kommentare und Falschnachrichten

Facebook ist nicht nur im Visier der FTC und des Justizministeriums, auch mehrere Bundesstaaten haben ein gemeinsames Prüfverfahren eingeleitet. Hier geht es etwa um die Frage, ob das Netzwerk nach den zahllosen Skandalen der Vergangenheit nun verantwortungsvoll mit den Nutzerdaten umgeht. Daran zweifeln viele Experten immer noch, obwohl die FTC Facebook wegen der Rechtsverstöße rund um die letzte Präsidentschaftswahl gerade mit einer Strafe von fünf Milliarden Dollar belegt hat. Zudem muss sich der Konzern weiter gegen Vorwürfe wehren, er tue nicht genug gegen die Verbreitung von Hass-Kommentaren und Falschnachrichten.

Trotz aller Verfahren setzt Facebook seine Einkaufstour vorerst fort: Wie am Dienstag bekannt wurde, übernimmt der Konzern die Firma Crtl-Labs, die an einem Verfahren arbeitet, das die Steuerung von Computern über Gedanken ermöglichen könnte. Das Start-up verwendet dafür ein Armband, das die neuronalen Signale auf dem Weg zu den Muskeln erkennen und in einen Befehl etwa an das Smartphone umwandeln soll. Auf diese Weise werde man irgendwann etwa ein Foto versenden können, nur indem man daran denkt, hieß es. Der Kaufpreis soll nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Dollar liegen - für Facebook ein Betrag aus der Portokasse.

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