Erdöl:Saudis wollen den Ölmarkt fluten

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Eine Ölraffinerie an der saudi-arabischen Ostküste am Persischen Golf (Foto: dpa)
  • Trotz der vergleichsweise niedrigen Ölpreise will Saudi-Arabien künftig noch mehr Öl fördern.
  • Das Land plant eine große Wirtschaftsreform und will sich langfristig unabhängig vom Erdöl machen.

Analyse von Jakob Schulz

Mehr als zehn Millionen Barrel Rohöl pumpt Saudi-Arabien Tag für Tag aus dem Wüstenboden. Das Königreich ist damit der größte Ölproduzent der Welt - doch das ist offenbar nicht genug. "Die Produktion wird 2016 steigen", kündigte der Chef des staatlichen Ölkonzerns Saudi Aramco, Amin Nasser, nun an. Es werde immer Bedarf geben, die Ölförderung zu steigern, sagte er.

Die Chefs des Ölkonzerns äußern sich nicht jeden Tag. Umso genauer hört die Ölbranche hin, wenn die mächtigen Saudis über ihre Ölpolitik sprechen. Besonders aufmerksam dürfte Konkurrent Iran die Ankündigungen aus Riad verfolgen - Beobachter gehen davon aus, dass sich die Worte Nassers vor allem an die Regierung in Teheran richteten.

Riesige Wirtschaftsreform

Zugleich dürfte die Ankündigung, künftig noch mehr Öl pumpen zu wollen, eine Demonstration der Stärke sein. Saudi-Arabien will Handlungsfähigkeit beweisen. Denn das Königreich plant, einen Teil des Ölkonzerns Saudi Aramco an die Börse zu bringen. Das Unternehmen dürfte insgesamt mehr als zwei Billionen Dollar wert sein. Der Verkauf der Anteile wäre der größte Börsengang der Geschichte.

Der Plan ist Teil einer einschneidenden Reform der saudischen Wirtschaft. Verteidigungsminister Mohammed bin Salman, der junge, neue starke Mann im Königreich, will das Land mit seiner "Saudi Vision 2030" unabhängiger von den Erdöl-Einnahmen machen. Kern des Plans ist ein mächtiger Staatsfonds, der weltweit in Firmen außerhalb der Ölindustrie anlegen soll. Die Einnahmen des Fonds sollen die Basis der saudischen Staatseinnahmen werden. Der langjährige Ölminister Ali al-Naimi musste bereits seinen Posten räumen. Er wurde durch Gesundheitsminister Chaled al-Falih ersetzt.

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Eins ist sicher: Eine Begrenzung der Öl-Fördermenge, die weltwirtschaftlich so wichtig wäre, steht nicht auf Khalid al-Falihs Plan.

Von Paul-Anton Krüger

Alle Ölförderer leiden - die Saudis aber wohl am wenigsten

Der weltweite Ölmarkt ist seit einigen Jahren in Aufruhr. Die weltweite Nachfrage nach Öl schwächte sich zwar ab, dennoch drängten sich zuletzt immer mehr Anbieter auf den Markt. Durch den Boom der Fracking-Technologie machten sich etwa die USA weitgehend unabhängig vom Öl aus Nahost. Trotz des weltweiten Überangebotes konnten sich wichtige Ölförderländer aber nicht einigen, ihre Produktion zu drosseln oder zumindest einzufrieren. In der Folge stürzten die Ölpreise zwischenzeitlich auf bis zu 30 US-Dollar pro Fass ab. Das riss verheerende Lücken in die Staatshaushalte von Ländern wie Venezuela oder Russland, auch Saudi-Arabien verbuchte zuletzt ein Haushaltsdefizit von fast 100 Milliarden Dollar.

Die saudische Regierung setzt nun darauf, dass sie den verlustreichen Preiskampf länger durchhalten kann als die Konkurrenz. Riad nimmt kurzfristige Verluste in Kauf; wichtiger ist dem Königreich derzeit, seine Marktanteile konstant zu halten. Die Strategie könnte aufgehen. Zuletzt mussten etwa viele US-Frackingunternehmen, die zu deutlich höheren Kosten Öl fördern als die Saudis, den Betrieb einstellen und Tausende Arbeiter entlassen. Erhebungen zeigten jedoch auch, dass die saudischen Marktanteile auf vielen wichtigen Ölmärkten in den vergangenen Jahren zurückgingen.

Die Branche kappt Investitionen

Das liegt auch an Iran. Die Regierung in Teheran drängt nach dem Ende der westlichen Sanktionen mit aller Macht auf den Ölmarkt zurück und fährt die eigene Produktion hoch. Saudi-Arabien beobachtet die Strategie der konkurrierenden Regionalmacht mit Argwohn. Iran ist nicht nur ein Ölkonkurrent, die beiden Staaten sind auch politisch verfeindet und unterstützen etwa im Syrienkrieg unterschiedliche Kriegsparteien.

Die zunehmenden Unsicherheiten und der Preisverfall der vergangenen Jahre machen sich auch bei den Investitionen bemerkbar. Öl- und Gasförderkonzerne gaben zuletzt weniger Geld für Maschinen sowie für die Suche nach neuen Vorkommen aus. 2015 wurden nach Angaben der Energieberatung IHS nur 2,8 Milliarden Barrel Erdöl und zugehörige Stoffe entdeckt - der niedrigste Wert seit dem Jahr 1954. Sollten sich die Rückgänge bei den Neuentdeckungen fortsetzen, könnte sich das in einigen Jahren in einer niedrigeren Förderung niederschlagen. Sollte die weltweite Nachfrage nach Öl dann wieder zulegen, könnte das für Verbraucher deutlich höhere Kosten etwa für Heizung oder Benzin zur Folge haben.

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