Süddeutsche Zeitung

Erbschaftsteuer:Söder will Firmenerben beschenken

  • Bayerns Finanzminister Markus Söder hat ein Reformkonzept der Erbschaftsteuer vorgelegt. Dabei geht er einerseits auf die Kritik des Bundesverfassungsgerichts ein - entlastet Firmenerben aber gleichzeitig in anderen Punkten.
  • Das produktive Vermögen eines Unternehmens könnte so völlig steuerfrei vererbt werden. Das soll auch für Großkonzerne mit klarer "Familienprägung" gelten.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Was war im Vorfeld nicht alles geunkt und geargwöhnt worden: Freundliche Familienbetriebe müssten an herzlose Heuschrecken verkauft, ganze Fabriken geschlossen, Tausende Beschäftigte entlassen werden. Doch als das Bundesverfassungsgericht am 17. Dezember endlich sein Urteil zur Erbschaftsteuer verkündete, war bald klar, dass es so schlimm nicht kommen wird. Und nun, keine zwei Monate später, schält sich gar heraus, dass sich der Richterspruch für Familienunternehmer noch als Segen erweisen könnte.

Das gilt zumindest dann, wenn sich das Reformkonzept des bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU) durchsetzt, das er jetzt im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung präsentiert hat. Es geht auf die Karlsruher Kritikpunkte zwar ein - aber jeweils nur so weit, wie es unbedingt sein muss. Umgekehrt sieht es eine Reihe neuer Freiheiten vor, die dafür sorgen sollen, dass die Übergabe eines Familienbetriebs an die nächste Generation auch künftig in aller Regel ohne Morgengabe ans Finanzamt ablaufen kann. Damit blieben Firmenerben gegenüber allen anderen Nachlassempfängern weiterhin klar im Vorteil.

Neue Freiheiten für Erben

Vielen Politikerkollegen, die sich im Parteienspektrum links von Söder einordnen würden, dürfte das Konzept ein Dorn im Auge sein, denn aus ihrer Sicht geht die Verschonung von Betriebsvermögen schon heute zu weit. Die Verfassungsrichter hingegen hatten zwar Kritik im Detail geübt, aber bekräftigt, "dass der Schutz von Familienunternehmen und Arbeitsplätzen grundsätzlich einen legitimen Sachgrund darstellt, Betriebe teilweise oder vollständig von der Steuer zu befreien". Das sieht auch Söder so: "Das oberste Ziel muss sein, Familienbetriebe zu erhalten, Arbeitsplätze zu sichern und regionale Wirtschaftsstrukturen zu bewahren."

Um die Verschonung des Betriebsvermögens verfassungsfest zu machen, will der Minister erst einmal ein zweites Standbein schaffen. Gesetzeszweck wäre demnach nicht mehr nur die Sicherung von Arbeitsplätzen, sondern auch "der Erhalt der mittelständischen und familiengeprägten Unternehmensstrukturen". Das produktive Vermögen eines Betriebs könnte dem Plan zufolge vollständig steuerfrei verschenkt oder vererbt werden, wenn der Betrieb fünf Jahre im bestehenden Umfang fortgeführt wird. Bisher werden statt 100 nur 85 Prozent verschont, die vollständige Befreiung erfolgt erst nach sieben Jahren. Das Verwaltungsvermögen, also etwa vermietete Immobilien, Wertpapiere oder Kunst, wäre dagegen steuerpflichtig - allerdings nur der Betrag, der nach Abzug sämtlicher Verbindlichkeiten der Firma übrig bleibt.

Klare "Familienprägung" von Großbetrieben reicht

Auch Erben großer Unternehmen mit Tausenden oder gar Zehntausenden Mitarbeitern sollen vom Fiskus unbehelligt bleiben, wenn der Betrieb eine klare "Familienprägung" aufweist, also etwa noch vom Inhaber geführt wird. Bei Kleinstbetrieben, deren pauschale Bevorzugung das Gericht als verfassungswidrig bezeichnet hatte, will Söder die Grenze für eine vollständige Steuerbefreiung von 20 auf fünf Mitarbeiter senken. Für Firmen mit sechs bis 20 Beschäftigten plant er eine Stufenregelung.

Da die Einnahmen der Erbschaftsteuer an die Länder gehen, sollen Letztere nach den Plänen des Ministers künftig "vom Bundesgesetz abweichende Freibeträge und Steuersätze" einführen dürfen. Komme es dazu, werde Bayern die Erbschaftsteuerlast für die eigenen Bürger sofort senken, so Söder. Das gelte auch für Familienbetriebe, die "für das deutsche Geschäftsmodell ein ganz zentraler Pfeiler" seien: "Sie sind tariftreu, standorttreu und haben für ihre Region eine Bedeutung, die über das rein Wirtschaftliche oft weit hinaus geht."

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SZ vom 13.02.2015/sana
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