Erbschaftsteuer:Tipps von Merkel

Lesezeit: 4 min

Das klingt nicht wie das erhoffte Versprechen, Firmenerben weiterhin überwiegend von der Steuer auszunehmen. Aber mit leeren Händen will die Kanzlerin, die als CDU-Vorsitzende an ihre Wähler denken muss, die Patriarchen nicht sitzen lassen. Also gibt sie einen Ratschlag. Die Familienunternehmer hätten die Forderungen zur Erbschaftsteuer ja "sachkundig beim Finanzminister und verschiedenen Ministerpräsidenten platziert", sagt sie. "Wenn Sie noch mit den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten reden, wäre das für die Einigkeit in der Koalition hilfreich." Im Übrigen rate sie dringend davon ab, lange zu warten. Falls eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eingehe, könnten die Richter die Vorgaben präzisieren. Was womöglich zu strikteren Steuerregeln führt.

Eine Einigung war schon erzielt. Dann kam die CSU mit Nachbesserungen

Der Ratschlag verdeutlicht das ganze Dilemma, in dem die große Koalition bei der Reform der Erbschaftsteuer steckt und das darüber hinaus für viele Reformen gilt. Es ist beinahe unmöglich, die vielfältigen Interessen unter einen Hut zu bekommen. Schäuble hatte bereits Anfang 2015 seinen Gesetzesvorschlag vorgelegt. Am 11. Februar einigte man sich in der Koalition. Vertraulich und "mit Handschlag" sei das geschehen, sagt SPD-Chefunterhändler Schneider. SPD und CDU waren den Forderungen, die CSU-Chefunterhändlerin Gerda Hasselfeldt vorgetragen hatte, sehr weit entgegengekommen.

Der Kompromiss hielt bis zum übernächsten Montagmorgen. Bei Schneider klingelte das Telefon, am anderen Ende war Hasselfeldt. Es tue ihr leid, sie müsse neue Wünsche übermitteln. Mitten im parlamentarischen Verfahren hatte Seehofer Familienunternehmen in die Staatskanzlei eingeladen und den vertraulichen Kompromiss vorgelegt. Untragbar hatten die ihn befunden und acht Nachbesserungen gefordert, die Seehofer prompt übernahm. Erfolgreicher kann Lobbyarbeit nicht sein.

Seither hängt das Gesetz fest. "Die CSU hat den Bogen überspannt", sagt Schneider. Die SPD sei noch maximal zu "marginalen Veränderungen bereit, und die haben einen sehr hohen Preis. Das Steueraufkommen muss steigen". Das ist das Gegenteil von dem, was die Erben wollen, deren Lobbyarbeit Schneider als "maßlos in der Zahl der Briefe, Veranstaltungen und Forderungen" einstuft. Letzteres gilt wohl auch für die Warnung, die Cheflobbyist Hennerkes im Adlon formuliert: Es drohe das Ende des Erfolgsmodells Familienunternehmen.

Am Ende steht Hennerkes wieder vorn neben der Kanzlerin. Sonst habe er stets ein Geschenk vorbereitet, jetzt möchte er um eines bitten, sagt er. Merkel schaut so überrascht, dass er versichert, sie brauche keine Angst zu haben, die Bitte sei harmlos. "Es wäre schön, wenn Sie uns sagen, ob Sie wieder antreten." Er wisse als Unternehmer eines doch am besten, kontert Merkel, erleichtert, dass sie nicht doch noch um die Abschaffung der Erbschaftsteuer gebeten wird: Es gebe immer den richtigen Zeitpunkt. Für alles.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema