Erbschaftsteuer:Bayerns Herz für Firmenerben

Ministerpräsident Seehofer verteidigt den Sonderweg des Freistaates. Eine nachträgliche Verschärfung der Gesetze komme nicht infrage.

Von Cerstin Gammelin und Wolfgang Wittl, Berlin

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) weist die Vorwürfe zurück, wonach der Freistaat sich weigert, den mühsam verabschiedeten Kompromiss zur künftigen Besteuerung von Firmenerben umzusetzen. "Wir halten uns an getroffene Vereinbarungen", sagte der CSU-Chef am Donnerstag der Süddeutschen Zeitung. Seehofer ging zugleich zum Gegenangriff über. Er warf Bund und 15 Bundesländern vor, das im Herbst 2016 reformierte Erbschafts- und Schenkungsteuergesetz nachträglich verschärfen zu wollen. Das lehne er ab. "Wir wollen nicht, dass im Vollzug nachträglich Dinge reingefummelt werden, die im Gesetz nicht untergebracht wurden", sagte der Regierungschef.

Eine gesetzliche Handhabe, das Bundesland zum Einlenken zu zwingen, gibt es nicht

Mit dem Vorwurf Seehofers geht der Streit um die Erbschafts- und Schenkungsteuer in die nächste Runde. Wie aus dem Schriftverkehr der vergangenen Wochen zwischen dem Finanzministerium in München sowie dem Bundesfinanzministerium und den übrigen 15 Länderfinanzministerien hervorgeht, weigert sich Bayern beharrlich, die Steuer für Firmenerben entsprechend der geänderten Vorschriften einzuziehen. "Bayern wird sich nicht (daran) beteiligen", ist in dem Brief vom 7. Juli an den Bundesfinanzministerium nachzulesen. Zugleich hatte Finanzminister Markus Söder die Finanzämter am 25. Juli anweisen lassen, die Vorschriften nicht umzusetzen. Sie würden "von Bayern nicht mitgetragen und sind somit nicht bindend".

Es ist das erste Mal in der deutschen Verfassungsgeschichte, dass sich ein Bundesland weigert, landeseinheitlich Steuern einziehen zu lassen. Bisher verständigten sich die Bundesländer stets auf gemeinsame Vorschriften, sogenannte Ländererlasse. Sie stellen damit sicher, dass die Bürger in allen Regionen Deutschlands gleiche Steuern zahlen müssen. Bayern schert mit seiner Weigerung, diese Vorschriften für die Erbschaftsteuer anzuwenden, aus dieser Tradition aus. Damit besteht für die anderen Länder Grund zur Sorge, dass Unternehmen nach Bayern abwandern könnten, weil sie dort weniger Steuern zahlen müssten. Doris Ahnen (SPD), Finanzministerin in Rheinland-Pfalz, hatte Bayern aufgefordert, die Erbschaftsteuer nach den gleichen Regeln wie alle anderen Länder zu erheben. Ein Sonderweg sei "nicht hinzunehmen". Die bayerischen Grünen kündigten am Donnerstag an, die Umsetzung der neuen Vorschriften im Landtag einzufordern. Thomas Mütze, finanzpolitische Sprecher, kritisierte, dass CSU-Finanzminister Söder den Steuerwettbewerb unter den Bundesländern anheize. "Während wir auf europäischer Ebene für ein einheitliches Steuerrecht kämpfen, legt die CSU Lunte an das einheitliche Steuersystem in Deutschland", sagte Mütze. Das sei "schizophren".

Eine gesetzliche Handhabe, den Freistaat zum Einlenken zu zwingen, gibt es nicht. Die Erbschaftsteuer ist Ländersache. Im September soll es aber einen Termin von Bund und Ländern geben. Dass Bayern dort nachgibt, ist nicht zu erwarten. Söder habe in dieser Frage seine "volle Unterstützung", so Seehofer.

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