Immobilien:Haus geerbt, was nun?
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Nicht jeder, der im Testament bedacht wird, lässt gleich die Korken knallen. Denn selbst die tollste Villa kann zur Last werden, wenn sie nicht abbezahlt ist oder die Angehörigen darum streiten. Was dann zu tun ist, ein Überblick.
Von Berrit Gräber
Glücklich ist, wer ein Haus erbt. Davon gehen die meisten Bürger aus. Bei etwa jedem zweiten Nachlass in Deutschland wird mittlerweile eine Immobilie vererbt, meist an Lebenspartner, Kinder, Enkel oder andere Verwandte. Doch nicht jedem Erben fällt ein schuldenfreies, saniertes Luxusanwesen in begehrter Innenstadtlage in den Schoß. Nicht jede ist Alleinerbin und darf frei über alles verfügen. Nicht jeder kann das Häuschen halten oder dem Finanzamt problemlos zahlen, was es womöglich verlangt. Und so wird manchmal selbst die geerbte Villa zur Last, von Streit in der Familie ganz zu schweigen. "Sich informieren und beraten lassen ist wichtig. Es ist nicht leicht, Wert und Folgen des Nachlasses richtig einzuschätzen", sagt Jan Bittler, Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV). Das sollten Erben beachten:
Sechs Wochen Zeit zum Überlegen
So manchem Begünstigten fällt quasi über Nacht nicht nur ein Haus oder Vermögen in den Schoß, sondern oft auch ein Haufen mitgeerbter Schulden und Verbindlichkeiten. Das Dilemma: Den Sparstrumpf, die Aktien und die wertvollen Möbel herauspicken, das baufällige, bis zum Dachstuhl mit Hypotheken belastete Reihenhaus aber ablehnen, geht nicht. Wer Miese miterbt, etwa von den Eltern, Großeltern oder der Schwester, muss dafür geradestehen, auch für Kredite. Erben läuft nur nach dem Prinzip: Alles oder nichts. Für die folgenreiche Entscheidung, einen Nachlass samt Haus gar nicht erst anzutreten, sondern auszuschlagen, ist Eile angesagt. Es bleibt dafür nur eine Frist von sechs Wochen. Sie beginnt zu laufen, sobald man vom Tod der Mutter oder der Tante erfährt. Gibt es ein Testament oder einen Erbvertrag, tickt die Uhr ab dem Zeitpunkt, an dem die Verfügung eröffnet wird. Jeder Tag zählt. Wird die Frist versäumt, gilt das Erbe automatisch als angenommen.
Die Lage sondieren
Wer wissen will, wie es tatsächlich um Wert und Nutzbarkeit des geerbten Hauses steht, sollte sich flott einen Überblick verschaffen. Erben haben ein Recht, beim Grundbuchamt einen Grundbuchauszug anzufordern. Daraus ergibt sich, ob das Haus noch mit Grundschulden und Hypotheken belastet ist. Über weitere Schulden, mögliche Mieteinnahmen und Guthaben geben die Banken des oder der Verstorbenen Auskunft. Der Erbe muss dafür entweder eine über den Tod hinaus geltende Kontovollmacht, eine Vorsorgevollmacht oder ein notarielles Testament vorlegen. Wichtig ist auch, mithilfe von Experten den baulichen Zustand des Hauses zu checken. Wie steht es ums Mauerwerk, um Heizung, Wasserrohre, Keller, Dach? Alte Häuser sind oft sanierungsbedürftig, das kann teuer werden. Auf Grundlage all dieser Daten können Fachleute den Verkehrswert beurteilen - und der Erbe muss entscheiden, ob es sich für ihn rechnet, den Nachlass anzutreten.
Die Steuer einkalkulieren
Nahe Verwandte, die ein Häuschen erben, also Ehegatten, Kinder oder Enkel, brauchen sich in der Regel keine großen Sorgen ums Finanzamt machen - solange sie keine riesigen Vermögen, Aktienpakete, eine Luxusvilla oder gleich mehrere Objekte in allerbester, hochpreisiger Lage hinterlassen bekommen. Eine Ehefrau etwa kann bis zu 500 000 Euro von ihrem Mann erben, ohne dafür Steuern zu zahlen. Gleiches gilt für eingetragene Lebenspartner. Kinder dürfen von jedem Elternteil Werte von bis zu 400 000 Euro steuerfrei erhalten, Enkel bis zu 200 000. Für Vermögen über den Freibeträgen werden aber Steuern fällig. Etwa dann, wenn eine Tochter ein Mehrfamilienhaus in München im Wert von mehreren Millionen Euro erbt. "In solchen Fällen ist eine Beratung durch den Steuerberater unerlässlich", betont Bittler. Heutzutage rechne es sich auch für nicht liquide Erben, einen Kredit aufzunehmen, um die Erbschaftssteuer zu zahlen, je nach Einzelfall. Wer Vermögen wie ein Haus erbt, muss das innerhalb von drei Monaten seinem Finanzamt formlos mitteilen. Die Behörde verschickt dann eine Erbschafts- oder Schenkungssteuererklärung, die auszufüllen ist.
Sonderfall: selbst genutztes Wohneigentum
Losgelöst vom Steuerfreibetrag gibt es für Ehegatten, gesetzliche Lebenspartner und Kinder einen Extra-Vorteil. Für sie bleibt selbst genutztes Wohneigentum im Erbfall steuerfrei - vorausgesetzt, sie wohnen schon darin respektive die Kinder ziehen im Erbfall ein. Die Erben müssen zudem zehn Jahre lang selbst darin wohnen. Innerhalb dieser Zeit darf das Objekt nicht vermietet oder als Zweitwohnsitz genutzt werden. Ausnahme: Der Erbe muss in ein Pflegeheim. Für Kinder gilt die Zusatz-Regelung, dass bis maximal 200 Quadratmeter keine Erbschaftssteuer fällig wird. Keine Rolle spielt, ob es sich um ein bescheidenes Apartment oder um eine Luxusvilla handelt. Beispiel: Ein Kind erbt von der Mutter ein Haus im Wert von 500 000 Euro und 250 Quadratmetern Wohnfläche. 200 davon bleiben steuerfrei, die 50 übrigen nicht. Bei einem Verkehrswert von 50 000 Euro sind sie vom steuerlichen Freibetrag von 400 000 Euro gedeckt, es fällt keine Erbschaftsteuer an.
Die Erbengemeinschaft
Drei Geschwister - und ein Haus. Oder: Stiefmutter, ein Kind - und ein Haus. Solche Erben-Konstellationen innerhalb einer Familie gibt es sehr oft, wie Erbrechtsanwalt Bittler erklärt. Egal, in welchem Verhältnis die Haus-Erben letztlich zueinander stehen: Erben sie gemeinsam, bilden sie immer eine Erbengemeinschaft, keiner ist ohne den anderen handlungsfähig. Dass alle an einem Strang ziehen, klappt wegen der meist unterschiedlichen Interessen nur selten, gibt Bittler zu bedenken. "Will einer wohnen bleiben, will der zweite lieber vermieten, der dritte möchte verkaufen oder ausgezahlt werden." Die Folge ist meist ein erbitterter Familienstreit und jahrelanger Leerstand. Können sich die Erben nicht einigen, was mit dem Haus passiert, steht am Ende oft die Teilungsversteigerung, die ungünstigste Lösung für alle, warnt Bittler.
Alleinerben im Vorteil
Wer keine Miterben hat, muss hingegen nur für sich klären: Kann ich das Haus nach Kassensturz und möglichen Steuern halten, will ich selbst einziehen, vermieten, sanieren oder verkaufen? Wer dazu entschlossen ist, das Erbe anzutreten, muss das Grundbuch berichtigen und sich als neuer Eigentümer/neue Eigentümerin eintragen lassen. Um die Rechtsnachfolge nachzuweisen, ist häufig ein Erbschein nötig. Diesen gibt es auf Antrag und gegen Gebühr beim Nachlassgericht. Vor allem Behörden oder Banken verlangen das Dokument. Der Erbschein ist aber nur eine Möglichkeit, sein Erbrecht nachzuweisen. Hat der Verstorbene ein notarielles Testament gemacht, genügt auch dieses, damit das Grundbuchamt die Umschreibung vornimmt. Ein einfaches Testament reicht nicht aus. Wer binnen zwei Jahren nach dem Tod des Erblassers die Berichtigung vornimmt und sich als neuer Eigentümer eintragen lässt, zahlt keine Gebühren. Grunderwerbsteuer wird generell nicht fällig. In einer Erbengemeinschaft ist es möglich, als einzelner Erbe entweder einen Teilerbschein zu erhalten oder einen gemeinschaftlichen Erbschein, der für mehrere Erben gilt. Wichtig: Wer einen Erbschein beantragt, nimmt zugleich das Erbe an. Es ist danach nicht mehr möglich, die Erbschaft auszuschlagen.