Süddeutsche Zeitung

Eon:Eon macht größten Verlust der Firmengeschichte

  • 16 Milliarden Euro: Der Energieversorger Eon muss einen horrenden Verlust bekanntgeben.
  • Grund dafür sind vor allem die teuren Abschreibungen auf die Kraftwerkstochter Uniper und die Zahlungen an den staatlichen Atomfonds.
  • Das Positive ist: Eon ist nun einen Großteil seiner Altlasten los. Der Konzern will sich künftig stärker auf das Geschäft mit Erneuerbaren und den Netzen konzentrieren.

Von Jan Schmidbauer

Spricht ein Konzernchef von einem "Jahr des Übergangs", steckt dahinter meist eine klare Botschaft: Achtung, es wird ungemütlich. Eon-Chef Johannes Teyssen hatte im vergangenen April von einer solchen Übergangszeit gesprochen, in der sich sein Unternehmen befinde. An diesem Mittwoch muss der Energieriese seine Zahlen für das vergangene Jahr präsentieren - und die fallen verheerend aus. Eon schreibt 16 Milliarden Euro Verlust, so viel wie noch nie.

Grund für die schlechten Zahlen sind vor allem die Altlasten des Energiekonzerns: Eon muss unrentable Kraftwerke abschreiben und Milliarden in einen staatlichen Atomfonds überweisen.

Der Energieversorger steckt schon seit Jahren in der Krise. Der stetige Zubau von Windrädern und Solaranlagen hat den Strompreis an der Börse immer weiter gedrückt. Viele der einst lukrativen Kohle- und Gaskraftwerke rechnen sich nicht mehr. Ihr Betrieb kostet häufig mehr Geld, als der erzeugte Strom an der Börse einbringt. Eon und andere große Energiekonzerne haben deshalb massiv an Wert verloren. Aktuell ist der Essener Konzern nur noch gut 14 Milliarden Euro wert.

Anfang 2008 sah das noch ganz anders aus. Die Energiewende war längst nicht so weit fortgeschritten und mit Kraftwerken ließ sich noch gutes Geld verdienen. Eon wurde im Dax zeitweise mit mehr als 100 Milliarden Euro bewertet. Doch spätestens das Reaktorunglück von Fukushima-1 beendete die goldenen Jahre der Energiekonzerne. Die Bundesregierung machte damals die längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke rückgängig. Die letzten Anlagen gehen nun schon in fünf Jahren vom Netz. Beim Zukunftsgeschäft - den Erneuerbaren - hat Eon zwar aufgeholt. Doch die Investitionen kamen aus Sicht von Branchenbeobachtern viel zu spät.

Um den Konzern aus der Krise zu führen, hat Eon-Chef Johannes Teyssen im vergangenen Jahr den radikalen Schritt gewählt: die Aufspaltung des Konzerns. Teyssen gliederte das Geschäft mit Kohle- und Gaskraftwerken in eine eigene, börsennotierte Gesellschaft aus. Uniper heißt das Unternehmen, an dem Eon weiterhin etwa 47 Prozent hält. Bei Eon blieb das, was noch Geld bringt: Netze, Vertrieb und das Geschäft mit den Erneuerbaren. Die Idee dahinter klingt plausibel. Eon soll sich auf die Bereiche konzentrieren, die eine Zukunft haben. Die neue Tochter Uniper soll sich mit den Kohle- und Gaskraftwerken bestmöglich an der Börse behaupten.

Für Eon hatte die Sache allerdings einen Haken. Im Zuge der Aufspaltung musste der Konzern den Wert der Uniper-Kraftwerke deutlich nach unten korrigieren. Die Zahlen, die bislang in der Eon-Bilanz standen, hatten mit der Realität nicht mehr viel zu tun. In den Büchern standen die Kraftwerke noch mit 15,5 Milliarden Euro, beim Börsengang erzielte Uniper nur etwa vier Milliarden Euro. Eon-Chef Teyssen musste riesige Summen abschreiben, die entscheidend zum aktuellen Milliardenverlust beitragen. Der restliche Anteil an Uniper will Eon nun verkaufen. Und auch beim Personal will der Konzern sparen. 1300 der derzeit 43 000 Arbeitsplätze sollen wegfallen.

Teyssen muss seinen Aktionären nun erklären, warum das Unternehmen trotz des Rekordverlustes auf dem richtigen Weg ist. Zugutehalten dürften sie ihm, dass er mit den milliardenschweren Abschreibungen auf die Uniper-Anteile einen echten Neuanfang gewagt hat. Der riesige Verlust ist auch ein Signal: Teyssen hat wirklich aufgeräumt bei Eon.

Dass Manager hohe Verluste in Kauf nehmen, um im Jahr danach besser dazustehen, ist nicht ungewöhnlich. Ähnlich hatte es vor einiger Zeit Deutsche-Bank-Chef John Cryan gemacht. Nur wenige Monate, nachdem er die Leitung des Unternehmens übernahm, verkündete er für 2015 den größten Verlust in der Geschichte der Bank, 6,7 Milliarden Euro. Auch Cryan wählte den radikalen Schritt. Er schrieb Milliarden auf überbewertete Firmenanteile ab und legte Geld für teure Prozesse beiseite. Cryan wollte damit eine klare Trennung vollziehen: Die Verluste sollten nicht mit ihm in Verbindung stehen, sondern mit seinen erfolglosen Vorgängern Anshu Jain und Jürgen Fitschen.

Auch die Verantwortung für den Atommüll ist Eon inzwischen los

Bei Eon ging es um etwas anderes, Teyssen will sein Unternehmen endlich fit machen für die Energiewende - mit einer klaren Trennung zwischen den schmutzigen Kraftwerken und dem Zukunftsgeschäft. Und die Strategie könnte funktionieren. Selbst das Geschäft der Kraftwerkstochter Uniper läuft besser als erwartet, die Aktie hat seit Börsenstart mehr als 40 Prozent an Wert gewonnen. Und bei der Atomkraft konnte sich Eon kürzlich eines großen Risikos entledigen. Gegen Zahlung einer Milliardensumme übertragen Eon und andere Energiekonzerne die Verantwortung für den Atommüll an einen staatlichen Fonds.

Seine größten Altlasten ist Eon damit los. Nun muss der Konzern allerdings beweisen, dass er sich in der neuen Energiewelt behaupten kann. Der Vorteil von Eon: Das Unternehmen ist bereits international aktiv. Im Ausland könnte das Wachstum bei den erneuerbaren Energien zukünftig kräftiger ausfallen als in Deutschland. Doch auch die Erneuerbaren werfen das Geld nicht so zuverlässig ab wie einst die großen Meiler. Das erklärte am Montag bereits der Chef des Eon-Rivalen Innogy, Peter Terium. Sein Unternehmen machte weniger Gewinn als gehofft, was Terium auch auf das Wetter schob. Ein niedriges Windaufkommen habe das Ergebnis belastet. Oder wie Terium es formulierte: "Auch im Geschäft mit der Energiewende fällt das Geld nicht vom Himmel."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3419606
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/vd
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.