Süddeutsche Zeitung

Entscheidung über Rennstrecke:Nürburgring geht in die Insolvenz

Rheinland-Pfalz meldet Insolvenz für den Nürburgring an. Das Land hat zwar EU-Hilfen für die Rennstrecke beantragt, doch das Verfahren dauert Ministerpräsident Kurt Beck zu lang - die Zahlungsunfähigkeit droht schon jetzt.

Der Nürburgring geht in die Insolvenz. Das rheinland-pfälzische Kabinett hat beschlossen, dass die landeseigene Nürburgring GmbH von sich aus ein Verfahren wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einleitet. Als Grund nannte Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) die Verzögerung einer Finanzspritze durch die EU. Die Nürburgring GmbH brauche aber dringend Geld.

Den Angaben zufolge hat die EU-Kommission zusätzlichen Prüfbedarf angemeldet. Die vom Land beantragte Rettungsbeihilfe von 13 Millionen Euro wird laut Beck deswegen voraussichtlich nicht vor dem 31. Juli genehmigt. Die Folge sei, dass "mit höchster Wahrscheinlichkeit eine Insolvenz zum Ende des Monats wegen mangelnder Liquidität" eintreten würde. Dem komme man nun mit der Entscheidung für ein "geordnetes Insolvenzverfahren" zuvor. Er rechne für Montag oder Dienstag mit dem Beginn des Verfahrens.

Beck kritisierte in diesem Zusammenhang heftig die EU-Kommission, von der das Land bis vor wenigen Tagen noch positive Signale mit Blick auf die Genehmigung der Rettungsbeihilfe erhalten habe. Dass die EU die Entscheidung in dieser Frage nun einfach vertage, halte er für äußerst bedenkenswert: "Nicht entscheiden auf europäischer Ebene heißt Handlungsunfähigkeit für Rheinland-Pfalz", kritisierte Beck. Das werde man nicht so stehen lassen und sowohl politische Initiativen über das Europäische Parlament anstoßen, als auch Rechtsmittel prüfen. Neben der Finanzspritze über 13 Millionen geht es in dem Antrag auch um die Stundung von Zinsen für ein 330 Millionen-Euro-Darlehen der landeseigenen Investitions- und Strukturbank.

Zusätzlich prüfe Brüssel derzeit, ob 524 Millionen Euro Beihilfen unerlaubt flossen oder nicht, berichtete die Rhein-Zeitung am Dienstag. Die aktuelle Rettungsbeihilfe wäre eine Überbrückung für ein halbes Jahr, bis ein Konzept für eine neue Struktur auf dem Tisch läge. Die laufende Saison werde voraussichtlich wie geplant fortgeführt.

Zukunft als Formel-1-Strecke steht auf dem Spiel

Das Land hatte den Privatbetreibern von Formel-1-Strecke und Freizeitpark im Februar gekündigt und dies mit ausstehenden Pachtzahlungen begründet. Zum 31. Oktober sollen Besitz und Betrieb an die Nürburgring GmbH zurückfallen. Beide Seiten prüfen, ob eine Schlichtung möglich ist. Wegen des Schwebezustands können Verträge für "Rock am Ring" und ADAC-Motorsportveranstaltungen 2013 nicht unterschrieben werden.

Der Freizeitpark ist ein Prestigeprojekt von Ministerpräsident Beck, das aber kriselt. Die SPD-Alleinregierung hatte dort vor einigen Jahren rund 330 Millionen Euro in den Ausbau gesteckt. Schon bei seiner Einweihung im Jahr 1927 hatte die 25 Kilometer lange Rennstrecke mehr Kosten verursacht, als geplant: mehr als acht Millionen Reichsmark, mit 2,5 Millionen war kalkuliert worden. Seit 1984 ist der Nürburgring auch Grand-Prix-Strecke für die Formel 1, deren Zukunft ist allerdings unklar. Denn die Landesregierung will den Zuschuss für das Spektakel deutlich reduzieren. Das System der Formel 1 basiert jedoch maßgeblich auf hohen staatlichen Zuschüssen, wie die Süddeutsche kürzlich offengelegt hat (den Artikel über den Milliarden-Zirkus der Formel 1 finden Sie hier). Zu weiteren bekannten Veranstaltungen auf dem Nürburgring gehören heute das 24-Stunden-Rennen, der Truck Grand Pix oder eben das Rockfestival Rock am Ring.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1415367
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/dpa/dapd/infu
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.