Süddeutsche Zeitung

Entscheidung des Europaparlaments:Letzter Akt im Bankendrama

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Nie wieder Lehman Brothers? Sechs Jahre nach dem Zusammenbruch der Investmentbank und dem Beginn der Krise hat das Europäische Parlament ein neues Regelwerk erlassen. Banken haften nun für ihre Risiken. Ob das die Welt sicherer macht, muss sich zeigen.

Von Cerstin Gammelin

Fünf Jahre nach der Nahtoderfahrung der westlichen Welt können sich Europas Bürger ein wenig sicherer fühlen. Zumindest, was ihr Erspartes und den Umgang der nationalen Regierungen mit Steuergeld angeht. An diesem Dienstag stimmte das Europaparlament endgültig dem neuen Regelwerk zu, das sicherstellen soll, künftig Banken für die Risiken haften zu lassen, die sie bei ihren Geschäften eingehen.

Dazu zählen: die Abwicklungsrichtlinie für Banken, gültig für alle 28 Länder; die Regeln zur Abwicklung klammer Finanzinstitute nebst Abwicklungsfonds für die 18 Länder der Euro-Zone, der offen ist für alle, die mitmachen wollen (bisher niemand); und die Richtlinie zur Sicherung der Einlagen von Sparern.

Es war der letzte Akt eines Dramas, das sich über fünf Jahre hingezogen hat, also über die gesamte Legislaturperiode. Auslöser war bekanntlich der Schock, den im September 2008 der Konkurs der amerikanischen Investment-Bank Lehman Brothers ausgelöst hatte. Damals wackelte das internationale Finanzsystem. Die großen Finanzhäuser der Welt hatten ähnlich wie Lehman Brothers Unmengen komplizierter und hochriskanter Finanzprodukte in ihren Büchern, viele davon waren plötzlich nichts mehr wert und unverkäuflich. Keine Bank wusste von der anderen, wie schlecht es wirklich stand, das Misstrauen wuchs, die Finanzhäuser gaben keine Kredite mehr. Die Wirtschaft brach zusammen, Jobs gingen verloren, die sozialen Standards in vielen europäischen Ländern bröckelten.

Ob die Bändigung gelungen ist, muss sich zeigen

Die Politik hatte das hemmungslose Treiben der Finanzmanager erst ermöglicht, das die Krise auslöste. Und so war es nur zwangsläufig, dass sich die EU in den vergangenen fünf Jahren vor allem um die Bändigung der Manager durch neue Regeln und schärfere Kontrolle kümmerte. Ob das gelungen ist, ist noch nicht klar: Die Richtlinien werden erst bis 2016 in Kraft treten, manche nicht vor 2017.

Geplant ist jedenfalls, dass die Steuerzahler raus sind aus der Haftung für Banken, die nicht mehr geschäftsfähig sind und abgewickelt werden müssen. Zwar haben sich die nationalen Regierungen, allen voran die Regierung in Paris, eine Hintertür offengelassen: Im Zweifelsfall wollen sie wackelnde Banken vorsorglich mit Notkrediten aus dem Staatshaushalt versorgen können.

Grundsätzlich aber sollen die Kosten, die anfallen, wenn eine Bank geschlossen werden muss, Anteilseigner, Investoren und andere Gläubiger tragen. Die Banken der Euro-Zone müssen zudem einen Notfonds mit 50 Milliarden Euro füllen. Erst im letzten Notfall darf das Geld der Steuerzahler genutzt werden. Wichtig für Sparer: Erstmals gibt es auch einen europäischen Rechtsrahmen, der alle Regierungen zum Aufbau von Fonds verpflichtet, um die Einlagen der Kleinsparer zu sichern.

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Quelle:
SZ vom 16.04.2014
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