Entscheidung des Aufsichtsrats:Bahn baut Stuttgart 21 weiter - für 6,5 Milliarden Euro

Lesezeit: 2 min

Vergeblicher Protest? Die Bahn will das Projekt Stuttgart 21 fertigstellen - trotz immer wieder steigender Kosten. (Foto: dpa)

Trotz erheblicher Zweifel an dem umstrittenen Milliardenprojekt will der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn den Bau nicht stoppen. Stuttgart 21 soll nun bis zu zwei Milliarden Euro mehr kosten als zuletzt geplant. Die ersten Züge können frühestens Ende 2022 in dem unterirdischen Bahnhof halten.

Die Deutsche Bahn kann das umstrittene Milliardenprojekt Stuttgart 21 weiterbauen. Der Aufsichtsrat des Staatskonzerns halte trotz der Mehrkosten an dem Projekt fest, sagte ein Bahn-Sprecher. Nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen votierten 18 der 20 Mitglieder dafür, es gab eine Nein-Stimme und eine Enthaltung. Die Aufteilung der Mehrkosten ist vorerst aber ungewiss.

Der unterirdische Bahnhof soll nun bis zu 6,5 Milliarden Euro kosten und damit etwa zwei Milliarden Euro mehr als mit Projektpartnern wie Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart vereinbart war. Diese weigerten sich zuletzt, die Mehrkosten mitzutragen.

Bahnprojekt Stuttgart 21
:Wer abstimmt, haftet

Glücklich ist mit Stuttgart 21 kaum jemand mehr, und es kommt, wie es kommen musste: Die Kosten steigen weiter. Am Dienstag trifft sich deshalb der Aufsichtsrat der Bahn, der das Projekt noch stoppen könnte. Da reden viele mit. Aber wer will was erreichen? Und aus welchen Motiven? Eine Betrachtung der Beteiligten, von Bahnchef Grube bis zum Juchtenkäfer.

Von Roman Deininger, Max Hägler und Daniela Kuhr

Baden-Würrtemberg hat 930 Millionen Euro Kostenbeteiligung zugesagt, die Stadt Stuttgart noch einmal etwa 290 Millionen. Der Anteil des Landes an Stuttgart 21 sei "eine freiwillige Leistung", aus der sich "keine Nachschusspflicht" ergebe, hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann vor einigen Tagen gesagt.

Kosten für Weiterbau und Abbruch fast gleich

Vor der Sitzung hatte es Gerüchte gegeben, dass der Aufsichtsrat der Fortführung des Projektes nur dann zustimmen wolle, wenn sich die Bahn verpflichte, das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart auf eine Beteiligung an den Mehrkosten zu verklagen. Das Kontrollgremium billigte nun einen Vorschlag des Vorstands, "eine Beteiligung der Projektpartner an den Mehrkosten einzufordern und dies notfalls auch gerichtlich durchzusetzen".

Deshalb will die Bahn nun mit den anderen Partnern über eine Aufteilung der Mehrkosten verhandeln. Dies betrifft die gesamten zwei Milliarden Euro, um die der Finanzrahmen erhöht wurde, wie Bahnchef Rüdiger Grube sagte. Er hoffe, dass eine Verständigung ohne eine Klage zu erreichen sei, sagte Grube. Bisher entfielen 40 Prozent des Gesamtvolumens auf die Bahn, auf die Partner 60 Prozent. "Das ist sicherlich auch der Schlüssel mit dem man in die Verhandlungen geht."

Für die Bahn wäre Stuttgart 21 unwirtschaftlich, wenn sie die Kosten alleine tragen müsste. Allerdings fielen auch bei einem Ausstieg Kosten von mindestens zwei Milliarden Euro an - deshalb lässt sich der Weiterbau finanziell trotzdem rechtfertigen. Einem internen Bahn-Dokument zufolge, aus dem die Wirtschaftswoche zitiert hatte, liegen die Kosten für einen Abbruch des Projekts und einen Weiterbau nur minimal auseinander.

"Aus Sicht des Aufsichtsrates hat der Vorstand plausibel dargelegt und in kritischen Diskussionen bestätigt, dass die Fortführung des Projektes für die DB wirtschaftlich vorteilhafter als ein Abbruch ist", hieß es in der Mitteilung der Bahn.

Drei Jahre Verzögerung

Das Unternehmen rechnet mit der Fertigstellung des Projekts nun frühestens Ende 2022, drei Jahre später als einst vorgesehen. Der Konzern hatte bereits Ende vergangenen Jahres dem Aufsichtsrat vorgeschlagen, den Bahnhof weiterzubauen. Das Gremium lehnte damals jedoch eine Zustimmung ab und verlangte weitere Informationen vom Vorstand.

Die in Baden-Württemberg regierenden Grünen sind gegen den Bahnhofsbau, Kretschmann und der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn sind als Kritiker bekannt. Sie müssen Stuttgart 21 mittragen, weil sie an Verträge ihrer CDU-Vorgänger gebunden sind. Union und FDP hatten zuletzt befürchtet, die Kostensteigerung würde ihnen im Bundestagswahlkampf schaden. Regierungskreisen zufolge sprach sich dann aber auch das Kanzleramt für eine schnelle Entscheidung zum Weiterbau aus.

© Süddeutsche.de/Reuters/dpa/AFP/bero - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: