Energiewende:Wenn die Sonne nicht scheint

VoltStorage Batterie-Stack; Volt Storage

Das Kernstück des Systems: Batteriezellen werden zu einem Stack aufgeschichtet.

(Foto: Volt Storage, oh)

Das Start-up Volt Storage hat ein stationäres Speichermodul für erneuerbare Energien entwickelt.

Von Elisabeth Dostert, München

Robert Bosch weist den Weg. "In the long term, an honest and fair approach to do business will be the most profitable", steht auf der Tür des Besprechungsraums, die Jakob Bitner öffnet. Es ist eines der vielen Zitate, die von dem 1942 in Stuttgart verstorbenen Industriellen überliefert sind, sie sind alt und modern zugleich. Der Raum heißt "Be responsible". Einer der drei Grundsätze des Start-ups Volt Storage. Bitner ist einer der Gründer. Die beiden anderen Leitmotive heißen "Be innovative" und "Be bold". Verantwortlich sein, innovativ und mutig, alles verkörpere Bosch sehr gut, sagt Bitner: "Der ehrliche und faire Weg ist langfristig der erfolgreichste."

Volt Storage stellt stationäre Energiespeicher für Strom aus Photovoltaik-Anlagen her. Es sind Flüssigbatterien, im Fachjargon Redox-Flow-Batterien, Speichermedium ist in diesem Fall ein Vanadium-Elektrolyt. "Wir wollen erneuerbare Energien mit einem kostengünstigen Speicher verfügbar machen", sagt Bitner. Nur so könne erneuerbare Energie langfristig wettbewerbsfähig werden.

"Wir haben nichts gegen Lithium-Batterien", sagt Bitner: "Lithium ist schon wegen der hohen Energiedichte eine coole Technik für alle mobile Anwendungen wie Elektroautos oder Smartphones. Nur Lithium ist nicht besonders nachhaltig." Die größten Vorkommen gibt es im sogenannten Lithiumdreieck in der Grenzregion von Bolivien, Chile und Argentinien. Der Abbau, für den viel Wasser gebraucht wird, gefährdet in der ohnehin trockenen Region die Umwelt.

Die Vanadium-Speichermodule brauchen Platz. Ein Modul ist rund 140 Zentimeter hoch und 58 Zentimeter breit und tief. Es kann 6,2 kWh Energie speichern, etwa so viel, wie ein Vier-Personen-Haushalt in zehn bis zwölf Stunden verbraucht. Bislang bezieht Volt Storage den Elektrolyten für die Batterien von einer britischen Firma, die das Vanadium aus einer Mine in Brasilien bekommt. "Wir haben Kontakt zu einem kanadischen Start-up, das Vanadium aus der Schlacke gewinnt, die in der Stahlherstellung abfällt", erzählt Bitner.

VoltStorage Gründer Jakob Bitner, Felix Kiefl, Michael Peither; Volt Storage

Die drei Gründer - Felix Kiefl, Jakob Bitner und Michael Peither - mit ihrem Speicher.

(Foto: Lina Herschel; oh)

Nach Vorarbeiten während des Studiums haben er, Michael Peither und Felix Kiefl die Firma im Sommer 2016 gegründet. Peither hatte in einem Urlaubssemester im Keller seiner Eltern die ersten kleinen Exemplare gebaut. Die Technologie ist nicht neu. Schon in den 1950er-Jahren entwickelte der Chemiker Walther Kangro das Konzept der Flüssigbatterien. "Es gab schon einzelne, individuell gefertigte Systeme, aber keine Serienproduktion", erzählt Bitner. Das erste Speichersystem brachte Volt Storage 2018 auf den Markt. Das Gerät hat kein Display, gesteuert und beobachtet wird es über eine App. Ein Gerät koste einschließlich der Installation rund 8500 Euro.

Die Produktion ist nur ein paar Hundert Meter von den Büros in München entfernt. Jedes Gerät, das die Firma verlässt, wird hier getestet. "Die Kerntechnologie machen wir selbst", sagt Bitner. Er bleibt vor einem weißen Block steht. Das ist der Batteriestack. Er besteht aus mehreren übereinandergestapelten Zellen. In dem Gehäuse stecken neben dem Stack die Steuerung, zwei Pumpen und zwei Tanks für den Vanadium-Elektrolyten, jeder fasst 110 Liter. "Über ein Kabel wird der Strom aus der Photovoltaik-Anlage in den Stack eingespeist, durch den in zwei getrennten Kreisläufen die unterschiedlich geladenen Elektrolyten fließen", erklärt Technikchef Peither: "Im Stack wird elektrische in chemische Energie umgewandelt und im Vanadium gespeichert. Wird Strom gebraucht, kehrt sich der Prozess um." Die Speicherkapazität hängt von der verwendeten Elektrolytmenge ab. Bis heute hat Volt Storage zehn Millionen Euro eingesammelt, allein in der jüngsten Runde im Sommer sechs Millionen Euro. "Wir taten uns schwer, in Deutschland Geld zu bekommen, weil wir Hardware machen", so Bitner.

Zwei Mal bemühten sich die Gründer vergeblich um ein Exist-Stipendium. Den ersten Investor fanden sie im US-Unternehmer Sean O'Sullivan. Mittlerweile gehören die Schweizer Energie 360°, Business Angels rund um Matthias Willenbacher und das belgische Family Office Korys zum Aktionärskreis. Die drei Gründer halten etwa 30 Prozent des Kapitals. Im vergangenen Jahr haben sie 85 Geräte verkauft, in diesem Jahr sollen es 200 werden. Das Geld aus der jüngsten Runde reiche aus, um die Kapazität auf 600 bis 800 Geräte hochzufahren.

Knapp 40 Mitarbeiter hat Volt Storage mittlerweile. Gewinn macht die Firma nicht. "Profitabel und exitfähig werden wir frühestens in zwei bis fünf Jahren sein", sagt Bitner. Bis zur nächsten Finanzierungsrunde wird es wohl eine Weile dauern. "Wer Geld will, braucht eine Story. Daran arbeiten wir." Sie denken über größere Speichermodule nach und neue Speicherträger im Elektrolyten, zum Beispiel Eisen statt Vanadium. Gleich neben dem Produktionsraum gibt es ein kleines Labor. Da probiert Peither in Mini-Anlagen neue Elektrolyte aus.

Es gibt auch andere junge Unternehmen, die an Flüssigbatterien arbeiten, allerdings eher für industrielle Anwendungen. Das 2014 gegründete Start-up CM Blu aus Alzenau will den Rohstoff für seinen Elektrolyten aus Lignin gewinnen, einem Abfallprodukt der Papierherstellung. Im Prototyp funktioniere das schon, es reiche aber noch nicht für eine kommerzielle Anwendung. In der ersten Jahreshälfte 2021 sollen die ersten Speichersysteme auf den Markt kommen, die Zutaten für den Elektrolyten werden aber dann noch aus fossilen Quellen stammen.

Solche Systeme könnten dann zum Beispiel die Schnellladesäulen an Autobahnen speisen. Auch das Unternehmen Jena Batteries arbeitet mit einem metallfreien Elektrolyten, die Speichermoleküle bestehen aus Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Wasserstoff. Die Module sind allerdings so groß wie Schiffscontainer und sind daher vor allem für industrielle Anwendungen geeignet, etwa Solar- und Windparks. Die ersten Systeme sollen nach Angaben des Unternehmens nächstes Jahr auf den Markt kommen.

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