Energiewende auf Rädern:Elektroautos für alle

Bisher sind Stromer noch um einiges teuer als klassische Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Das könnte sich aber bald ändern, die Preise sinken. Dann müssten nur noch die Kunden mitziehen und die Autos auch wirklich kaufen.

Von Joachim Becker

Es könnte die seit Langem erwartete Energiewende im Verkehr sein: Wenn bis Mitte des nächsten Jahrzehnts die Kosten für Elektroautos kräftig sinken. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des europäischen Dachverbands der Verbraucherschutzorganisationen, BEUC, die an diesem Montag veröffentlicht wird. Billigere Elektrowagen wären die Voraussetzung dafür, dass aus der heutigen Nische Elektromobilität ein Massenmarkt wird.

Derzeit liegen die Gesamtkosten für einen durchschnittlichen Stromer in den ersten vier Jahren noch etwa 2000 Euro über denen von Benzinern und rund 4000 Euro über denen von Dieselfahrzeugen. Grund dafür sind vor allem die höheren Anschaffungspreise, die noch nicht durch die einfachere Wartung und günstigere Energiekosten bei Elektrofahrzeugen ausgeglichen werden.

Neben dem Mangel an Ladestationen und der eingeschränkten Reichweite sind die höheren Preise der E-Mobile bisher ein wesentliches Hindernis für den Ausbau der neuen Mobilität. Auch eine staatliche Kaufprämie von bis zu 2000 Euro hat die Nachfrage bisher kaum ankurbeln können. Obwohl die meisten Hersteller den gleichen Betrag noch einmal zuschießen, gingen in den ersten drei Monaten nur 4500 Anträge für den Umweltbonus ein.

"Im kommenden Jahrzehnt sollten Elektrofahrzeuge nicht mehr nur für Besserverdiener erschwinglich sein, auch für die breite Masse werden sie aus finanzieller Sicht interessant", sagt Monique Goyens, Generaldirektorin von BEUC. Die Studie geht allerdings davon aus, dass auch die Unterhaltskosten für konventionelle Fahrzeuge sinken werden. Im Vergleich zu einem heutigen Auto sollen Neuwagen des Jahres 2025 im Durchschnitt 6500 Euro weniger kosten - und zwar über die gesamte Laufzeit. Bisher waren knapp die Hälfte der Neuwagenkäufer bereit, etwa 2 000 Euro mehr für einen sparsamen Dieselmotor auszugeben.

Elektromobilität ist "wie eine Ketchup-Flasche". Man wisse nur, dass irgendwann etwas kommt

Ausgerechnet der Diesel, der wegen der VW-Affäre um manipulierte Abgasmessungen bei vielen Kunden schwer an Beliebtheit eingebüßt hat, soll in den kommenden Jahren als günstigstes Antriebsmittel abgelöst werden von Elektromotoren. Der Preis von Elektroautos soll laut BEUC erheblich sinken; schon 2020 sollen Batteriefahrzeuge so viel kosten wie Plug-in-Hybride, also Autos, die einen klassischen Benzinmotor mit einem kleineren Elektromotor kombinieren. Ab dem Jahr 2024 werden die Gesamthaltungskosten für rein elektrische Antriebe in den ersten vier Jahren mit denen von Benzinern vergleichbar sein - wenn nicht sogar darunter liegen. Wenn man dazurechnet, dass heutige Autos viel mehr Kraftstoff verbrauchen, als die Hersteller angeben (die Umweltorganisation ICCT veröffentlichte vor Kurzem durchschnittliche Abweichungen von 42 Prozent zwischen Labor und Straße), dann erscheinen die günstigeren Gesamtkosten der Stromer durchaus realistisch.

Allerdings: Die abwartende Haltung der Verbraucher könnte der Energiewende auf der Straße noch einen Strich durch die Rechnung machen. Gut möglich, dass die Mehrheit der Autokäufer noch auf weiter sinkende Batteriekosten spekuliert. Schließlich versprechen die Autohersteller hier gravierende Fortschritte über die nächsten zehn Jahre, um das Interesse an der E-Mobilität zu steigern.

Die Folge wäre ein Preispoker zwischen Kunden und Herstellern - mit kaum absehbaren Konsequenzen. "Elektromobilität ist wie eine Ketchup-Flasche. Wir wissen, dass etwas kommt. Aber wir wissen nicht, wann und wie viel es sein wird", sagt Daimler-Vertriebsvorstand Ola Källenius.

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