Als im Dezember 2016 kurz vor Mitternacht in der ukrainischen Hauptstadt Kiew plötzlich das Licht ausgeht, ist schnell klar: Das ist kein normaler Stromausfall. Hacker hatten es geschafft, tief in die Computersysteme von mehreren Strombetreibern einzudringen und der Stadt den Saft abzudrehen. Es war der bisher effektivste Hackerangriff auf die Stromversorgung, den die Welt je gesehen hat. So gut organisiert, dass wohl nur eine Regierung oder ein Geheimdienst dahinterstecken kann.
Dieselbe Hackergruppe, die für den Stromausfall in Kiew sorgte, hat auch in Deutschland Netzwerke von mindestens zwei Energieversorgern infiltriert. Das haben drei voneinander unabhängige Quellen dem SZ-Magazin bestätigt. Den Hackern gelang es anscheinend, sich in den internen Netzwerken auszubreiten. Doch der Angriff fiel im Sommer 2017 auf, vermutlich in der Frühphase.
Der versuchte Angriff ist ein weiteres Indiz dafür, dass das Vorgehen von Hackern im digitalen Raum immer aggressiver wird. Durch die zunehmende Vernetzung des Stromsystems könnte die Stromversorgung durch Hacker nicht nur unterbrochen, sondern auch gezielt beschädigt werden.
Ohne Strom kommt das Leben zum Erliegen
Das SZ-Magazin hat mit etwa zwei Dutzend Menschen gesprochen, die im Verborgenen der Frage nachgehen: Wie sicher ist die Stromversorgung in Deutschland? Hätten Hacker hier leichtes Spiel? Und was würde passieren, wenn so ein Angriff tatsächlich erfolgt?
Was klar ist: So ein Stromausfall trifft unsere moderne Gesellschaft an einer besonders kritischen Stelle. Ohne Strom keine Geldautomaten, keine Züge, bald auch kein Benzin, Heizung oder Toilettenspülung, kein Essen aus dem Supermarkt, kein Wasser aus der Leitung.
Hakan Tanriverdi, SZ-Reporter für Themen der Cybersicherheit und Till Krause, Redakteur beim SZ-Magazin haben monatelang recherchiert, Schwachstellen im deutschen Stromnetz ausfindig gemacht, ein äußerst verschlossenes Seminar zur Hacker-Abwehr besucht und aufgedeckt, dass eine der gefährlichsten Hackergruppen auch Deutschland im Visier hat.