Süddeutsche Zeitung

Energiesparen:Die Firma richtig einpacken

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Strom ist teuer - daher würden viele Unternehmer gerne in energiesparende Maßnahmen investieren. Doch das Thema ist komplex - und die Beratung häufig schlecht.

M. Völklein

Auf den ersten Blick sieht das Schüco Technology Center nicht anders aus als ein ganz normales Bürogebäude. Seit Anfang 2008 schult der Hersteller von Fenster, Türen und Solaranlagen seine Mitarbeiter und Kunden in dem neuen Gebäude am Bielefelder Stammsitz. Doch beim Technologiezentrum ging es der Firma nicht nur darum, eine Fortbildungsstätte zu errichten. Von einem "Leuchtturm-Projekt" spricht Unternehmenschef Dirk U. Hindrichs, von "Aushängeschild und Wegweiser in einem". Durch umweltbewusstes und energiesparendes Bauen hat Schüco in dem neuen Gebäude den Ausstoß des Klimakillers CO2 nach eigenen Angaben um die Hälfte im Vergleich zu ähnlichen Bürohäusern gesenkt.

Die Wärme zum Heizen der Immobilie holt Schüco über 20 Erdsonden und zwei Wärmepumpen direkt aus dem Bielefelder Untergrund. Solarkollektoren auf dem Dach unterstützen die Pumpen dabei und helfen zudem bei der Stromversorgung. Große Fensterflächen im Bürohaus lassen viel Licht ins Innere, was den Einsatz von Lampen und Leuchten verringert. Im Gegenzug sorgen Jalousien mit vertikalen Lamellen dafür, dass sich trotz der großen Glasflächen die Immobilie im Sommer nicht allzu sehr aufheizt - denn sonst müsste sie mit stromfressenden Klimaanlagen gekühlt werden. Als "Transparenz ohne Reue" umschreibt Schüco dieses Konzept und wirbt damit auch für die eigenen Produkte. "Mit dem Projekt zeigen wir, dass sich wirtschaftlicher Erfolg und Klimaschutz nicht ausschließen", sagt Firmenchef Hindrichs.

Kleine Betriebe zögern

Damit trifft Schüco offenbar das Interesse vieler anderer Unternehmer. Eine Umfrage der Deutschen Bank unter 400 Top-Managern in mittelständischen Firmen zeigt, dass sich viele Gedanken über Investitionen in Energiesparmaßnahmen machen. So planen insgesamt 40 Prozent der befragten Unternehmer, im Laufe dieses Jahres Geld im Bereich Energieeffizienz zu investieren. Am meisten Interesse haben größere Firmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 25 Millionen Euro: Hier wollen 49 Prozent der Unternehmenslenker 2009 gezielt Geld ausgeben, um Strom und Heizkosten zu sparen. Bei Betrieben mit einem Umsatz von weniger als 25 Millionen Euro jährlich denken nur 31 Prozent der Befragten über solche Investitionen nach.

Auf der Prioritätenliste stehen Ausgaben für die Gebäudetechnik mit einem Anteil von 77 Prozent ganz oben, gefolgt von energiesparenden Geräten mit 43Prozent und Fahrzeugen mit 41 Prozent. Als Gründe für die Investitionen geben die befragten Firmen vor allem die steigenden Energiepreise an. 92 Prozent der Betriebe haben erkannt, dass sich bei den hohen Energiekosten die Ausgaben schnell rechnen. Für 65 Prozent der Befragten ist klar, dass Umweltschutz beim Ansehen der Firma in der Öffentlichkeit eine größere Rolle spielen wird. Für 38Prozent der Unternehmen geben die Kundenerwartungen den Ausschlag.

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Oft bleibt es bei Einzelmaßnahmen

Der Wille ist also da. "Ein systematisches Vorgehen von kleinen und mittelständischen Unternehmen ist eher selten zu finden", sagt aber ein Sprecher des Deutschen Instituts für kleine und mittlere Unternehmen. Der Berliner Verband hat in einer Studie die Bereitschaft von mehr als 500 Unternehmen zu Investitionen in Energieeffizienz ermittelt. Heraus kam dabei, dass zwar viele Firmen Geld in die Hand nehmen, um ihren Energieaufwand und damit die Kosten zu reduzieren. "Oft bleibt es aber bei Einzelmaßnahmen", sagt der Sprecher weiter. So würden die Betriebe Müll sortieren und sogar vermeiden, Energiespartechnologien nutzen oder stromsparende Maschinen anschaffen. "Management- oder Planungssysteme nutzen die meisten aber nicht."

Oftmals sei es gerade bei kleineren Betrieben auch so, dass die Verantwortung für Energieeinsparungen entweder direkt beim Geschäftsführer oder einem Abteilungsleiter - etwa dem Produktionsleiter - angesiedelt sei. "In der operativen Hektik des Tagesgeschäfts gehen diese Dinge schnell wieder unter, weil das Thema für viele eben doch nur ein Randaspekt ist", sagt der Institutssprecher. Eine Arbeitsgruppe von mehreren Verantwortungsträgern oder gar eine Stabsstelle, die sich gezielt um Energieeffizienz kümmert, gebe es nur selten. So konnten auch nur 31 Prozent der befragten Unternehmen einigermaßen exakt sagen, wie hoch ihr Energieverbrauch ist. "Mehr als ein Drittel konnte nicht einmal eine grobe Angabe liefern."

Viele der befragten Unternehmer vermissen Unterstützung und Beratung. "Ihnen fehlen insbesondere Angaben zu konkreten ersten Schritten", sagt der Sprecher. Ein Problem, das auch die Deutsche Energieagentur (Dena) erkannt hat, eine Gemeinschaftseinrichtung von Bundesregierung und einigen Unternehmen. Die Agentur hat eine "Initiative Energieeffizienz" gestartet und bietet im Internet unter www.dena.de zahlreiche Informationen zum Thema an. Das allerdings soll nur ein erstes Angebot für die Unternehmer sein. "Letztlich sind die Energieberater in den Bundesländern gefragt, diese Themen zu vermitteln", sagt Annegret Agricola, Energie-Referentin bei der Dena.

Staatshilfe für die Beratung

Diese Fachleute sind oft Architekten und Ingenieure, die sich in Umweltfragen weitergebildet haben. Für die Beratung verlangen die Energieberater ein Honorar. Bis zu 80 Prozent davon übernimmt seit vergangenem Jahr die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Rahmen eines Zuschussprogramms, dem "Sonderfonds für Energieeffizienz". Expertin Agricola erklärt: "Viele Unternehmen unterschätzen das Einsparpotential, das Energieeffizienzmaßnahmen bieten - ein Energieberater kann ihnen dabei helfen, diese Möglichkeiten aufzeigen."

Die Maßnahmen schließlich umzusetzen, ist allerdings wieder mit Investitionen verbunden. "Auch davor schrecken viele Firmen zurück", sagt Agricola. Die Dena verweise daher immer wieder auf hohe, "zum Teil zweistellige Kapitalrenditen", so Agricola, die sich durch das Energiesparen erzielen lassen.

Beim Technologiezentrum des Bielefelder Fensterspezialisten Schüco beläuft sich die Rendite auf das eingesetzte Kapital auf 6,7 Prozent. "Allerdings ist das gerechnet mit den jetzigen Energiekosten", erklärt ein Schüco-Sprecher. Das Unternehmen erwarte für die Zukunft deutlich steigende Energiepreise. "Und dann kann die Rechnung schnell ganz anders aussehen."

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SZ vom 05.02.2009/iko/tob
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