Süddeutsche Zeitung

Energiepreise:Strom wird im neuen Jahr nur teilweise billiger

Strom war schon 2017 für private Haushalte so teuer wie noch nie. Nun erhöht 2018 erneut ein Teil der Anbieter die Preise. Aber muss das wirklich sein?

Von Thomas Öchsner

2017 war das teuerste Stromjahr aller Zeiten. Noch nie mussten Verbraucher so viel für Strom wie in diesem Jahr zahlen. Wesentlich günstiger wird die Energie aus der Steckdose jedoch für private Haushalte auch 2018 nicht, obwohl die Versorger etwas billiger einkaufen konnten und die sogenannten Netzentgelte für Ausbau und Betrieb des Stromnetzes zurückgehen. Teilweise werden die Stromkunden sogar mehr zahlen müssen.

An diesem Montag endet die Frist, um mögliche Preiserhöhungen zu Beginn des neuen Jahres anzukündigen. 42 Anbieter haben dies nach Angaben des Vergleichsportals Verivox bereits getan. Im Durchschnitt betragen die angekündigten Aufschläge auf den Strompreis demnach 2,8 Prozent. Dagegen wollen immerhin 39 Versorger die Preise Anfang 2018 um durchschnittlich zwei Prozent senken. Ähnlich ausgeglichen beschreibt das Portal Check 24 die Situation: Demnach wollen 15 Stromanbieter im neuen Jahr mit den Preisen um durchschnittlich zwei Prozent herunter. 13 Versorger wollen die Tarife um im Durchschnitt 2,4 Prozent erhöhen. Die allermeisten Anbieter halten die Preise aber stabil, darunter auch die vier größten Versorger Innogy (RWE), Eon, EnBW und Vattenfall, wie die Sprecher der Konzerne der Nachrichtenagentur dpa mitteilten.

Deutlich schlechter sah es für die Verbraucher 2017 aus: Seit Jahresbeginn hatten fast 500 Anbieter ihre Preise um durchschnittlich 3,8 Prozent angehoben. Der Preis für eine Kilowattstunde erreichte laut Verivox mit 28,18 Cent im Jahresmittel ein neues Rekordhoch. Der Preis hat sich damit seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt.

Private Haushalte sollten ihren Tarif prüfen und bei Bedarf den Anbieter wechseln

Eigentlich hätte es im nächsten Jahr deutlich besser aussehen können. So sehen es zumindest Verbraucherschützer und Verivox, das unter anderem die Preise für Energie vergleicht. Sie erinnern daran, dass die Kosten für die Versorger teilweise gesunken seien. So seien von Januar bis Oktober die Großhandelspreise für den Einkauf von Strom an der Strombörse im Vergleich zum Vorjahr um drei Prozent zurückgegangen. Rückläufig sind fast in ganz Deutschland auch die sogenannten Netzentgelte für den Ausbau und Betrieb des Stromnetzes, die allein etwa ein Viertel des Strompreises ausmachen.

Verwiesen wird ebenfalls auf ein internes Papier der Bundesnetzagentur. Demnach haben sich die Entgelte in den Verteilnetzen für Haushaltskunden um acht bis 15 Prozent in Ost- und Mitteldeutschland und etwa zwei Prozent im Westen verringert. Nur in Baden-Württemberg gibt es ein Plus. Auch die Ökostrom-Umlage zur Finanzierung der Energiewende sinkt leicht um 0,088 Cent auf 6,792 Cent pro Kilowattstunde. Sie macht immerhin etwa ein Viertel des Strompreises aus.

"Die meisten der über 800 Grundversorger halten die Preise zum Jahreswechsel stabil, obwohl es zumindest regional deutlich mehr Spielraum bei den Versorgern geben müsste", kritisiert Mathias Köster-Niechziol von Verivox.

"Stromversorger argumentieren sich um Kopf und Kragen, wenn sie Strompreiserhöhungen begründen oder eigentlich mögliche Senkungen ablehnen", sagte der Energieexperte Udo Sieverding der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen der dpa. Er rät privaten Haushalten, den eigenen Tarif regelmäßig zu prüfen und bei Bedarf den Anbieter zu wechseln.

Der Branchenverband BDEW weist hingegen darauf hin, dass die staatlichen Abgaben, Steuern und Umlagen weiter mehr als die Hälfte des Gesamtpreises ausmachten. Die Stromanbieter in Deutschland hätten deshalb wenig Spielraum, die Preise zu gestalten.

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Quelle:
SZ vom 20.11.2017
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