Energiepreise:Exxon-Mobil geht gegen Übergewinnabgabe vor

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Erdöl-Fördersonde des Mineralölkonzerns Exxon-Mobil auf einem Feld bei Rühme bei Braunschweig. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Der US-Konzern reicht Klage gegen die EU ein - sie setzt an formalen Punkten der Entscheidung an. Die Abgabe, welche die Bürger bei den hohen Energiepreisen entlasten soll, wird deswegen nicht gestoppt.

Von Hubert Wetzel, Brüssel

Der Konzern Exxon-Mobil wehrt sich gegen den Plan der EU, besonders hohe Gewinne abzuschöpfen, die bei Öl- und Gasunternehmen wegen der Energiekrise angefallen sind. Zwei europäische Tochterunternehmen des texanischen Konzerns, Exxon-Mobil Producing Netherlands BV und die Mobil Erdgas-Erdöl GmbH, hätten vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg eine entsprechende Klage eingereicht, teilte Exxon-Mobil am Mittwoch mit.

Die EU-Regierungen hatten im September ein Paket von Maßnahmen beschlossen, um die Folgen der rasant steigenden Energiepreise abzufedern. Dazu gehörte unter anderem eine spezielle Abgabe auf besonders hohe Profite - sogenannte Übergewinne -, die Öl- und Gaskonzerne durch die unerwartet hohen Preise machen. Auch die Gewinne von Unternehmen, die etwa durch Wind- oder Sonnenenergie billig Strom erzeugt haben und diesen dann wegen der Koppelung an den Gaspreis weitaus teurer verkaufen konnten, sollen auf diese Weise abgeschöpft werden. Gegen diesen Teil des Maßnahmenpakets geht Exxon-Mobil jedoch ausdrücklich nicht vor. Nach dem Plan der EU-Kommission sollten die einzelnen Länder das durch die neuen Abgaben eingenommene Geld dazu verwenden, die Energiekosten für bedürftige Bürger und Unternehmen bei sich zuhause zu subventionieren.

Konkret beschloss die EU, dass Öl- und Gaskonzerne eine Sonderabgabe von 33 Prozent auf alle Gewinne bezahlen müssen, die mehr als 20 Prozent über einem vierjährigen Durchschnittswert liegen. Je nach Land können diese Gewinne aus dem Haushaltsjahr 2022 oder 2023 stammen. Die EU-Kommission rechnete während der Verhandlungen über den Plan im Herbst damit, dass die Mitgliedsländer der Union dadurch um die 25 Milliarden Euro einnehmen könnten, um privaten und kommerziellen Energiekunden zu helfen.

Die Klage von Exxon-Mobil bestreitet weder, dass der Konzern wegen der vom Ukrainekrieg ausgelösten Energiekrise deutlich höhere Gewinne gemacht hat. Noch stellt der Konzern das Recht der europäischen Regierungen in Frage, auf diese Gewinne zuzugreifen, um die unter den hohen Strom- und Gaspreisen ächzenden Bürger und Firmen zu unterstützen. Stattdessen setzt die Klage an zwei formalen Punkten an.

Erstens: Die EU gab ihrer Sonderabgabe zwar den freundlich klingenden Titel "Solidaritätsbeitrag". Laut Exxon-Mobil handelt es sich dabei de facto aber um nichts anderes als eine neue Steuer. Steuern wiederum dürften nur von den einzelnen Mitgliedsstaaten erhoben werden, nicht von der Europäischen Union. Durch die neue Steuer würden die europäischen Töchter von Exxon-Mobil und die europäische Industrie benachteiligt, so der Konzern. "Diese Steuer wird das Vertrauen von Investoren untergraben, Investitionen abschrecken und die Abhängigkeit von importierten Energie- und Treibstoffprodukten erhöhen", heißt es in einer Mitteilung von Exxon-Mobil.

Es könnte Jahre dauern, bis in dem Fall ein Urteil ergeht

Zweitens: Der administrative Weg, auf dem die neue Abgabe geschaffen wurde, war nach Ansicht von Exxon-Mobil nicht rechtens. Die Europäische Kommission und der Europäische Rat - die Vertretung der Mitgliedsländer - nutzten dazu den Artikel 122 des EU-Vertrags. Dieser sieht vor, dass in Not- und Krisenlagen europäische Gesetze ohne Beteiligung des EU-Parlaments und ohne Einstimmigkeit im Rat beschlossen werden können. Es reicht dann ein Vorschlag der Kommission, der im Rat eine sogenannte qualifizierte Mehrheit findet, um ein Gesetz zu erlassen.

Nach Ansicht von Exxon-Mobil ist dieser Artikel auf die neue Abgabe jedoch nicht anwendbar. "Die Gewinnsteuer wird keine Engpässe beim Angebot von Energie beheben, und sie wird auch keine kurzfristigen Konsequenzen haben", so der Konzern. "Insofern war es nicht richtig von der Kommission und dem Rat, ihre außerordentlichen Befugnisse unter Artikel 122 zu nutzen."

Durch die Klage wird das Inkrafttreten der Abgabe allerdings nicht gestoppt. Auch könnte es mehrere Jahre dauern, bis in dem Fall ein Urteil ergeht. Die EU-Kommission zeigte sich von der Klage jedenfalls unbeeindruckt. "Die Kommission ist nach wie vor der Ansicht, dass die in Frage stehenden Maßnahmen vollständig in Einklang mit EU-Recht sind", schrieb eine Sprecherin der Behörde in einer E-Mail an das Internetmagazin Politico Europe. Die Abgabe solle "sicherstellen, dass die gesamte Energiebranche in diesen schwierigen Zeiten einen fairen Anteil bezahlt".

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