Preiserhöhungen der Grundversorger:Sahnen die Versorger ab?

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(Foto: SZ-Grafik)

Die Großhandelspreise für Erdgas und Strom sind deutlich gesunken, dennoch erhöhen die Grundversorger die Preise. Die Frage ist, ob es einen Zusammenhang mit der Energiepreisbremse gibt.

Von Markus Hametner und Oliver Schnuck

Seit diesem Mittwoch ist die Energiepreisbreme in Kraft. Aber kommt sie auch bei den Verbrauchern an? Oder vielleicht anders als erwartet? Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, haben einige Versorger die "Arbeitspreise", die zuvor unterhalb der Preisbremse lagen, angepasst. Wurden also Preise erhöht, weil die Konsumenten jenen Teil des Preises, der über den festgesetzten Grenzwerten liegt, gar nicht selbst zahlen müssen, sondern dieser vom Staat übernommen wird?

Die Preisbremse für Gas, Fernwärme und Strom habe die Preisentwicklung im Januar 2023 nur "teilweise (...) gedämpft", es sei sogar zu Preiserhöhungen gekommen, schreibt das Statistische Bundesamt in einer Mitteilung zu den Auswirkungen der Entlastungspakete.

Entspannung auf den Energiemärkten

Fakt ist: Die Großhandelspreise, also die Einkaufspreise der Energieversorger, liegen seit Beginn des Jahres erstmals unter dem Niveau, das sie vor dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine hatten. Schon zu Kriegsbeginn waren die Erdgaspreise erhöht.

Auch die günstigsten Erdgas- und Stromtarife liegen im Februar wieder in einer ähnlichen Spanne wie vor einem Jahr - und damit unter den Schwellenwerten, ab denen die Preisbremsen greifen, zeigen Auswertungen des Preisvergleich-Portals Verivox. Es hat die Tarife von Energieversorgern mit mindestens zwölf Monaten Preisbindung ausgewertet. Viele Kunden sind allerdings an ältere Verträge gebunden oder konnten nicht in günstigere Tarife wechseln.

Die Preisbremsen greifen ab 12 Cent je Kilowattstunde bei Erdgas und ab 40 Cent bei Strom für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs. Verlangen die Versorger mehr, gleicht der Staat die Differenz aus. Die ausgewerteten Preise beinhalten anteilig den verbrauchsunabhängigen Grundpreis, der jedoch je Kilowattstunde kaum ins Gewicht fällt.

Grundversorger erhöhen Preise

Verivox hat der SZ außerdem Daten zu den Angeboten der Grundversorger zur Verfügung gestellt, also jenen Tarifen, die kommunale und regionale Stromversorger allen Verbrauchern anbieten müssen. Auch diese Tarife wurden im vergangenen Jahr teurer, den größten Preissprung - sowohl bei Gas als auch bei Strom - gab es von Dezember auf Januar, also mit der Einführung der Preisbremsen.

Laut Angaben der Bundesnetzagentur bezieht jeder vierte Haushalt Strom über die Grundversorgung, deren Tarife während der Krise lange Zeit günstiger waren als die privater Anbieter. Warum das so ist? Die Grundversorger gewähren keine Preisgarantie. Dennoch planen sie ihre Beschaffung oft weiter im Voraus und haben Langzeitverträge mit Lieferanten, die sie vor kurzfristigen Preisschwankungen schützen. Private Anbieter kaufen dagegen oft kurzfristig und konnten so vor der Energiekrise niedrigere Preise erzielen.

"Zudem war es während der Energiekrise für Verbraucher auch gar nicht immer möglich, in den Grundversorgungstarif zu wechseln", so ein Verivox-Sprecher. Einige Grundversorger hatten teurere Neukundentarife geschaffen und einen Wechsel in die Grundversorgung mit niedrigeren Preisen erschwert. Nach einer Gesetzesänderung im Sommer war diese Unterscheidung aber nicht mehr möglich.

Kunden, die eine zwölfmonatige Preisgarantie wollen, zahlten im September mindestens 35 Cent, mittlerweile liegt der günstigste Preis aber etwas unter 12 Cent. Die Grundversorger liegen nach den Preiserhöhungen im Januar laut Daten des Bundes der Deutschen Energiewirtschaft nun nahe am Preisdurchschnitt der am Markt verfügbaren Tarife.

Beim Strom lag der durchschnittliche Grundversorgungspreis während der gesamten Energiekrise und noch bis in den Dezember hinein unterhalb der Grenze von 40 Cent. Im Januar meldete Verivox einen Durchschnittspreis von 46 Cent, im Februar stieg er weiter an. Gleichzeitig fielen die günstigsten Nicht-Grundversorgungstarife mit Preisbindung auf 12 Monate erstmals seit vergangenen Juli unter die Strompreisbremse.

Die Grundversorger sind gesetzlich dazu verpflichtet, Preisänderungen mindestens sechs Wochen vorher öffentlich bekanntzugeben und betroffene Kunden per Brief zu informieren. Als der Bundestag die Energiepreisebremsen für Gas, Wärme und Strom am 15. Dezember 2022 beschlossen hat, standen die Preiserhöhungen der Grundversorger zum 1. Januar bereits fest. Schon Anfang Oktober erarbeitete eine Expertenkommission im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums die Grundzüge der Energiepreisbremsen.

Bundeskartellamt richtet Abteilung zur Missbrauchsbekämpfung ein

Auf Anfrage erklärt der Pressesprecher des Bundeskartellamtes, es lägen keine konkreten Hinweise vor, dass insbesondere Grundversorger missbräuchlich staatliche Subventionen im Zusammenhang mit den Energiepreisbremsen in Anspruch nehmen. Anfang des Jahres wurde jedoch eigens eine Abteilung zur Bekämpfung von Missbrauch der Energiepreisbremsen eingerichtet.

Versorger müssen, um Zahlungen zum Ausgleich der Preisbremsen zu erhalten, dem Bundeskartellamt Angaben zu Preisen und Mengen machen. Kommt es zu einem Verfahren, müssen die Versorger belegen, dass die Preiserhöhung durch gestiegene Kosten im Einkauf gerechtfertigt ist. Bisher wurde noch kein solches Verfahren abgeschlossen.

Hinweis der Redaktion: Der Absatz zur gesetzlich vorgeschriebenen Vorlaufzeit von sechs Wochen bei Preisveränderungen durch die Grundversorger wurde am 3. März hinzugefügt.

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