Süddeutsche Zeitung

Energiebranche:Schlammschlacht um Teldafax

"Unhaltbar, geschäftsschädigend": Der Energieanbieter und Sponsor von Bayer Leverkusen wehrt sich gegen Insolvenzgerüchte, räumt aber Schwierigkeiten ein.

Hans-Willy Bein und Stefan Weber

Teldafax, einer der größten konzernunabhängigen Energieanbietern, hat Berichte zurückgewiesen, wonach das Unternehmen bereits seit längerer Zeit überschuldet sei. "Vorwürfe einer angeblichen Überschuldung sind unhaltbar, falsch und geschäftsschädigend", teilte Teldafax mit. Meldungen über Zahlungsschwierigkeiten seien das Ergebnis gezielt gestreuter "missverständlicher und falscher Informationen über das Unternehmen." Vorstandschef Klaus Bath kündigte an: "Wir haben uns entschlossen, gegen diese Machenschaften auf das Schärfste juristisch vorzugehen."

Die Anzeige richte sich gegen seinen früheren Finanzvorstand Alireza Assadi und die Frankfurter Ermittlungsfirma KDM und würde am Donnerstag bei der Staatsanwaltschaft Bonn erstattet, sagte ein Teldafax-Sprecher der Financial Times Deutschland (Donnerstagausgabe). Gegen Assadi richte man außerdem eine Zivilklage.

In der Troisdorfer Unternehmenszentrale vermutet man hinter der Aktion den Versuch, den "weit fortgeschrittenen Verkaufsprozess mit einem Investor" zu Fall zu bringen. Derzeit befindet sich Teldafax in Besitz von Investoren aus der Schweiz und Lichtenstein. Bei dem möglichen neuen Eigentümer soll es sich nach Brancheninformationen um ein russisches Unternehmen handeln.

Unabhängig von den aktuellen Gerüchten über eine mögliche Schieflage gilt Teldafax in der Energiebranche schon lange als klamm. Das Unternehmen habe seine Entgelte für die Durchleitung von Strom und Gas durch fremde Netze immer auf den "allerletzten Drücker" bezahlt, berichtete einer der großen Stromnetzbetreiber. Teldafax ist gefürchtet, weil der Anbieter die Tarife der örtlichen Lieferanten teilweise um 40 Prozent unterbietet. Die Preise, mit denen Teldafax die Kunden geködert habe, seien deutlich niedriger gewesen als die eigenen Einkaufspreise, hieß es bei verschiedenen Stadtwerken. Das Geschäftsmodell habe offenbar nur funktioniert, weil Teldafax sich über die von den Kunden verlangte Vorauskasse finanziert habe, also eine Art Schneeballsystem betreiben würde.

Das Unternehmen verteidigte am Mittwoch sein Geschäftsmodell: Wie in der Telekommunikationsbranche sei es im Energiebereich üblich, neue Kunden mit "besonderen Konditionen zu gewinnen." Nur so könne sich ein unabhängiger neuer Anbieter behaupten. Teldafax räumt ein, dass die Ertragssituation in der Vergangenheit "durch Aufbauinvestitionen belastet gewesen ist".

So habe man vorübergehend Schwierigkeiten gehabt, den Zahlungsverpflichtungen an die Zollverwaltung nachzukommen, die die Stromsteuer erhebt. Inzwischen seien alle Zahlungen geleistet, was die Zollverwaltung bestätigte. Auch der Bayer-Konzern, dessen Bundesliga-Mannschaft Teldafax als Hauptsponsor unterstützt, betonte, dass die Firma keine Zahlung schuldig geblieben sei. Zwar habe Teldafax im Herbst 2009 um eine Stundung gebeten. Aber bald darauf seien alle Gelder geflossen.

100.000 Kunden für RWE?

Der Energieanbieter kündigte an, noch in diesem Jahr eine Kapitalerhöhung im Volumen von zwölf Millionen Euro durchführen zu wollen. Bath zufolge wird das Unternehmen 2010 etwa 500 Millionen Euro umsetzen. Ein positives Ergebnis soll erstmals im nächsten Jahr erwirtschaftet werden.

Die Wettbewerber im Strom- und Gasgeschäft, gleichgültig ob es sich um Stadtwerke oder die großen Konzerne wie RWE handelt, käme eine Insolvenz von Teldafax gar nicht ungelegen. Die Grundversorger, also meist die örtlichen Stadtwerke oder große regionale Versorger, müssen im Falle von Lieferschwierigkeiten von Energieanbietern einspringen und sicherstellen, dass die Verbraucher weiterhin Strom und Gas bekommen. Die Kunden fallen also automatisch an sie zurück.

RWE könnte nach Branchenschätzungen in solch einem Fall 100.000 zusätzliche Kunden bekommen. Teldafax-Kunden müssen also nicht befürchten, plötzlich im Dunkeln oder Kalten zu sitzen. Allerdings müssen sie das Preisniveau des örtlichen Grundversorgers akzeptieren, wenn dieser einspringt. Auch gingen ihnen gegenüber Teldafax geleistete Vorauszahlungen verloren, was mehrere Hundert Euro ausmachen kann. Jedenfalls wäre es unwahrscheinlich, bei einer Insolvenz des Unternehmens Geld zurückzuerhalten. Verbraucherschützer warnen deshalb vor Vorauszahlungen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1014215
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 21.10.2010/aum
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.