Süddeutsche Zeitung

Energie:Verflüssigte Botschaft

Lesezeit: 2 min

Berlin will Flüssiggas importieren - auch als Signal an die USA. Denn die verschärfen seit Wochen den Druck auf die Ostseepipeline Nord Stream 2. Zuletzt sogar mit Drohbriefen von US-Botschafter Richard Grenell an deutsche Unternehmen.

Von Michael Bauchmüller , Berlin

Nein, einen Deal gebe es nicht, sagt Peter Altmaier, überhaupt nicht. Man wolle nur den hiesigen "Gasbezug diversifizieren". Und das auch mit Flüssiggas, etwa aus den USA. Am Dienstag lud der Wirtschaftsminister von der CDU deshalb zur Investorenkonferenz in Berlin, auch der amerikanische Vize-Energieminister Dan Brouillette war zugegen. Denn für Washington ist die Botschaft gedacht.

Seit einigen Wochen verschärfen die USA den Druck auf die Ostseepipeline Nord Stream 2, zuletzt etwa mit Drohbriefen von US-Botschafter Richard Grenell an beteiligte deutsche Unternehmen: Ihnen drohe ein "signifikantes Sanktionsrisiko". Bisher blieben derlei Sanktionen aber aus. Und ein Handelsstreit zwischen den USA und der EU ließ sich dadurch entschärfen, dass EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker im Sommer mehr Einfuhren amerikanischen Flüssiggases versprach - neben US-Sojabohnen. Beim Flüssiggas, kurz LNG, geht es um ganz große Politik.

Altmaier legte am Dienstag deshalb gleich auch Eckpunkte für die nötige Hafen-Infrastruktur vor. So sollen die Betreiber von Gas-Fernleitungen künftig verpflichtet werden, neue LNG-Terminals mit dem deutschen Erdgasnetz zu verbinden. Die Kosten dafür sollen, ähnlich wie beim Anschluss von Import-Pipelines, auf die Nutzer des Gasnetzes umgelegt werden. Noch im Sommer soll der neue Rechtsrahmen stehen. Es gehe darum, "allen Marktakteuren schnell Planungs- und Investitionssicherheit zu geben". Derzeit buhlen Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Stade um die Ansiedlung eines LNG-Hafens. In solchen Terminals wird das verflüssigte Gas von Tankern entladen und wieder in gasförmigen Zustand gebracht. Bislang gibt es in Deutschland kein Anlandeterminal, das nächste ist bei Rotterdam.

Nach Auffassung Altmaiers könnte es aber sogar zwei davon geben. "Ich sehe an mindestens zwei Standorten die Chance, dass wir rasch etwas verwirklichen können", sagte er am Rande der Konferenz. Der Bau solle mit öffentlichen Mitteln unterstützt werden. Ziel sei es, auf mehrere Lieferquellen zugreifen zu können. "Was Energieversorgung angeht, darf Europa nicht erpressbar sein - egal ob von Feinden oder Freunden", sagte Altmaier. Das sieht Washington ähnlich. Und obendrein haben die USA Erdgas satt und genug, seit sie per Fracking auch Lagerstätten anzapfen, die vorher als unzugänglich galten.

Allerdings hat das Flüssiggas einen gravierenden Nachteil: durch den aufwendigen Transport ist es vergleichsweise teuer. Der LNG-Preis aber, sagt US-Minister Brouillette, werde in den nächsten zehn Jahren "dramatisch" fallen - schon wegen wachsender Export-Kapazitäten. Auch Australien und Katar exportieren das Gas. Die Ostseepipeline Nord Stream 2 allerdings, sagt Altmaier, sei nicht Gegenstand der Gespräche gewesen. Diese Frage sei "in Deutschland und Europa zu entscheiden". Das sieht man in den USA jedoch anders, trotz der möglichen LNG-Geschäfte. US-Außenminister Mike Pompeo hat am Dienstagabend bei einem Besuch in Polen die kompromisslose Haltung Washingtons gegenüber der Pipeline bekräftigt. Diese "leitet Geld" auf einem Weg nach Russland, der Europa letztlich wehtun werde, sagte er. Michael Bauchmüller

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4326725
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 13.02.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.