Süddeutsche Zeitung

Energie:Strenge Auflagen für Nord Stream 2

Neuer Kompromiss im Streit um das Pipeline-Projekt: EU-Unterhändler verschärfen die Vorschriften deutlich.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Für umstrittene Pipeline-Projekte wie Nord Stream 2 sollen in der Europäischen Union künftig strengere Auflagen gelten. Unterhändler der EU-Kommission einigten sich in der Nacht zum Mittwoch mit Vertretern des Europaparlaments und der EU-Staaten auf eine entsprechende Änderung der Gasrichtlinie. Demnach muss sich Nord Stream 2 an deutlich verschärfte Vorschriften halten. Das Vorhaben des russischen Staatskonzerns Gazprom dürfte damit für die Betreibergesellschaft zwar teurer werden, sich aber dennoch wirtschaftlich lohnen. Gefahr droht allerdings weiter von politischer Seite: Die USA sehen die geplante Pipeline äußerst kritisch.

Trotz amerikanischer Drohungen, an Nord Stream 2 beteiligte Unternehmen mit Sanktionen zu belegen, wurden bereits Rohre in einer Länge von mehr als 600 Kilometern verlegt. Ende des Jahres soll die Leitung fertig sein und Erdgas aus Russland nach Deutschland transportieren. Kritiker der Ostsee-Pipeline warnen davor, dass Europa damit noch abhängiger von Moskau werde. Die Ukraine fürchtet, dass sie als Transitland für russische Gastransporte nach Europa irrelevant werden könnte.

Die Betreiber des Vorhabens wollen den Gesetzestext nun "genau analysieren"

Da auch mehrere EU-Länder, allen voran Polen und die baltischen Staaten, das von Deutschland forcierte Pipeline-Vorhaben kritisch sehen, versuchte die EU-Kommission eine rechtliche Handhabe gegenüber Nord Stream 2 zu bekommen. Doch die Bundesregierung setzte alles daran, dies zu verhindern. Berlin fürchtete, dass Nord Stream 2 vor dem Aus stehen könnte, sollte Brüssel ein Mitspracherecht erhalten. Erst als Frankreich sich gegen Deutschland positionierte, lenkte Berlin ein und machte mit Paris einen Vorschlag.

Der nun gefundene Kompromiss sieht vor, dass "alle künftigen Gas-Pipelines aus Drittstaaten, einschließlich Nord Stream 2, den EU-Vorschriften entsprechen", sagte der zuständige Berichterstatter im Europaparlament, Jerzy Buzek. Demnach dürfen Betrieb und Erdgasproduktion - anders als bei Gazprom - nicht in einer Hand liegen. Auch der deutsch-französische Vorschlag wurde aufgenommen. So muss künftig jenes Land, in dem eine Pipeline erstmals auf das europäische Netz trifft, das Projekt auf seine Vereinbarkeit mit EU-Regeln prüfen. Im Fall von Nord Stream 2 wäre das Deutschland.

Berlin darf mit Moskau auch über mögliche Ausnahmen sprechen - allerdings nur "auf Grundlage der EU-Regeln", wie es in einer Mitteilung des Europaparlaments hieß. Einschränkend gelte aber: "Die Kommission wird die verbindliche Entscheidung darüber treffen, die Ausnahme zu gewähren." Über mögliche Auswirkungen wollten selbst an dem Kompromiss Beteiligte nicht spekulieren. Nord Stream 2 wies darauf hin, dass der EU-Ministerrat und das Europaparlament noch einen konkreten Gesetzestext abstimmen müssten. Sobald dieser vorliege, werde man diesen "genau analysieren", teilte die Betreibergesellschaft mit.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4328395
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 14.02.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.