Energie - Kerpen:Streit um Räumung des Hambacher Forsts geht weiter

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Polizisten stehen 2018 vor einer Barrikade, in der sich eine Aktivistin festgebunden hat. Foto: Marcel Kusch/dpa/Archiv (Foto: dpa)

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Kerpen (dpa) - Im Rechtsstreit um die Räumung des Hambacher Forsts vor drei Jahren muss die Stadt Kerpen nun doch Berufung beantragen. Das nordrhein-westfälische Bauministerium habe eine Anweisung dazu erteilt, sagte am Donnerstag ein Sprecher der Stadt.

Im September 2018 hatte die Polizei den von Klimaschutzaktivisten besetzten Wald geräumt. Der Hambacher Forst liegt am Rande eines Braunkohle-Tagebaus und sollte damals gerodet werden. Die CDU-geführte NRW-Landesregierung hatte die Stadt Kerpen und den Kreis Düren angewiesen, die von Braunkohlegegnern errichteten Baumhäuser zu räumen. Begründet wurde dies mit Brandschutz.

Im September dieses Jahres stellte aber das Verwaltungsgericht Köln fest, dass die Brandschutz-Begründung damals nur vorgeschoben gewesen sei. Die Räumung sei damit rechtswidrig gewesen.

Die Stadt Kerpen wollte diese Entscheidung zunächst anfechten und beantragte die Zulassung einer Berufung beim Oberverwaltungsgericht in Münster. Am Dienstagabend votierte der Kerpener Stadtrat jedoch mit knapper Mehrheit dafür, darauf zu verzichten, also keine Berufung zu beantragen.

Doch jetzt sieht die Lage wieder anders aus: "Der Landrat des Rhein-Erft-Kreises als Aufsichtsbehörde ist vom Ministerium aufgefordert worden, der Kolpingstadt Kerpen die Weisung zu erteilen, dass die Kolpingstadt Kerpen den Antrag auf Berufung nicht zurücknimmt - entgegen dem Ratsbeschluss, den wir diese Woche Dienstag hatten", sagte ein Sprecher der Stadt Kerpen. Der Fall solle also doch vor das Oberverwaltungsgericht kommen.

Bauministerin Ina Scharrenbach, aus deren Haus die Anweisung kommt, gehört der CDU an. Sie hatte wie der inzwischen zurückgetretene Ministerpräsident Armin Laschet (auch CDU) immer wieder bestritten, dass andere Gründe als der Brandschutz die entscheidende Rolle bei der Räumung gespielt hätten.

Die Grünen-Politikerin Antje Grothus kritisierte das Vorgehen von Scharrenbach scharf: "Dass die Landesregierung den demokratischen Beschluss des Kerpener Stadtrats per Anweisung übertrumpfen will, ist ungeheuerlich", teilte sie am Donnerstag mit. "Anstatt einzugestehen, dass die Räumung des Hambacher Waldes illegal war, heizt sie den Konflikt erneut an." Der Vorsitzende der Kerpener Grünen, Marcel Richard, warf der Landesregierung vor, den demokratisch herbeigeführten Beschluss der Bürgervertretung nicht ernst zu nehmen. Dies widerspreche jeglichem Demokratieverständnis.

Eine Sprecherin des Oberverwaltungsgerichts wies darauf hin, dass die Stadt Kerpen spätestens bis zum 15. November eine Begründung für ihren Antrag auf Zulassung der Berufung nachliefern müsse. Wenn dies nicht geschehe, sei das Verfahren zuende.

Das Bauministerium in Düsseldorf nahm zu dem ganzen Komplex einschließlich des Vorwurfs, eine demokratische Entscheidung zu übergehen, lediglich wie folgt Stellung: "Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung bestätigt, dass eine Weisung an den Bürgermeister der Stadt Kerpen erteilt wurde. Inhaltlich geht es um die rechtliche Bewertung des Einsatzes im Hambacher Forst."

© dpa-infocom, dpa:211028-99-769595/4

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