Energie - Dresden:Blackout in Dresden: Polizei geht von verirrtem Ballon aus

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Die Reste der Metallfolie eines Ballons, die im Umspannwerk Dresden-Süd entdeckt worden sind. Foto: -/Sachsennetze/dpa/archivbild (Foto: dpa)

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Dresden (dpa/sn) - Ausgefallene Ampeln, stillstehende Straßenbahnen und schwarze Computerbildschirme: Nach dem großflächigen Blackout in Dresden geht die Polizei von einem Unfall aus. Der Stromausfall sei durch einen normalen, handelsüblichen Ballon ausgelöst worden, der etwa bei Hochzeiten oder Kinderfesten genutzt werde, sagte Polizeisprecher Thomas Geithner am Dienstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Unternehmen SachsenEnergie. Es handele sich nach bisherigen Erkenntnissen um Zufall oder Fahrlässigkeit.

Solche Vorfälle sind laut dem Netzbetreiber bei allen Sicherheitsvorkehrungen nie ganz auszuschließen. Dennoch soll bei dem Umspannwerk die Videoüberwachung verstärkt werden.

Der Blackout betraf am Montagnachmittag zeitweise 300.000 Haushalte in Dresden und im Umland - neben Privathaushalten auch Firmen, Industriebetriebe und Krankenhäuser. Nach etwa einer Stunde waren etwa 95 Prozent der Kunden wieder am Netz. Ursache war laut Steffen Heine, Geschäftsführer des Tochterunternehmens SachsenNetze, eine Kettenreaktion im Einspeise-Umspannwerk Dresden-Süd: Ein mit Aluminium beschichteter Luftballon sei durch "Zufall" an einem besonders sensiblen Punkt in einer Schaltanlage gelandet und löste einen Kurzschluss aus. "Das hat dazu geführt, dass das komplette Umspannwerk Dresden-Süd aus der Versorgung war", sagte er. Eine Störung in dieser Größenordnung habe es bisher bei dem Energieversorger nicht gegeben, so Heine.

Auch nach Einschätzung des Verbands der Elektrotechnik (VDE) sind solche großen Stromausfälle extrem selten. "Der Fall in der Region ist ungefähr ein Sechser im Lotto", sagte Frank Borchardt vom Forum Netztechnik/Netzbetriebe. Unterbrechungen der Stromleitung kämen insgesamt selten vor - 2020 sei der Strom im Durchschnittshaushalt nur insgesamt gut zehn Minuten lang ausgefallen. Einen 100-prozentigen Schutz gegen Großereignisse gebe es aber nicht. "Umspannwerke sind in der Regel im Freien, und da kann immer mal etwas passieren."

In Dresden seien gleich zu Beginn des Blackouts Teile der Region nicht mehr versorgt worden, sagte Netzbetreiber-Chef Heine - die noch bestehenden Versorgungspunkte seien dann überlastet gewesen und automatisch ausgeschaltet worden. Das Ergebnis: In ganz Dresden und in der Region nördlich der Stadt herrschte ein Blackout.

Bei der Suche nach der Störungsursache fand die Polizei verschmorte Reste eines Ballons. Zunächst war unklar, ob der metallbeschichtete Ballon, der den Stromausfall offenbar verursachte, gezielt gesteuert oder zufällig an der neuralgischen Stelle des Umspannwerks gelangt war. Der Ballon sei weder präpariert, ummantelt noch selbstgebastelt gewesen. "Wir haben auch keine technischen Gegenstände gefunden", so Geithner.

Auch ein Bekennerschreiben, wie es bei politisch motivierten Straftaten zu erwarten wäre, fehle. Zwar könne man einen Vorsatz nicht hundertprozentig ausschließen, so Polizeisprecher Geithner. Derzeit gehe man aber nicht von Sabotage aus. Gleichwohl sucht die Polizei nach Zeugen, die Ballonreste werden auf DNA und Fingerabdrücke untersucht.

Heine vom Netzbetreiber SachsenNetze betonte, dass das Unternehmen seine Sorgfaltspflicht nicht verletzt habe. "Die Anlagen sind auf dem modernsten Stand der Technik. Das ist Anlagen-Technik, die weltweit eingesetzt wird." Man werde in Ruhe analysieren, ob es in Zukunft weitere Sicherheitsvorkehrungen geben müsse. Klar sei schon jetzt, dass es künftig mehr Videoüberwachung in den Anlagen geben solle - auch im betroffenen Werk Dresden-Süd.

Nach Einschätzung von Heine hält sich der Schaden bei SachsenEnergie in Grenzen - bei Industrie- und Stromkunden könne es in Folge des Stromausfalls aber zu Schäden gekommen sein. "Das Ausmaß kennen wir nicht." Die Rechtsverordnung regele, dass der Kunde entstandenen Schaden selbst bezahlen müsse.

Feuerwehr-Chef Andreas Rümpel sprach nach dem Vorfall von einem Weckruf für alle Beteiligten. "Ein Stromausfall, auf den muss man vorbereitet sein." Auch Unternehmen und Krankenhäuser müssten schauen, wie ihre Geräte funktioniert haben.

Die Feuerwehr habe ihr Notfallsystem am Montagnachmittag hochgefahren. Zwischen 14 und 16 Uhr seien rund 270 Notrufe in der Leitstelle eingegangen. In Dresden musste die Feuerwehr zu 34 Einsätzen im Zusammenhang mit dem Stromausfall ausrücken, 24 Menschen steckten in Aufzügen fest. Auch Anrufe von Menschen, die zu Hause beatmet werden, gingen in der Leitstelle ein. Weil der Strom nach kurzer Zeit wiederkehrte, sei es vergleichsweise glimpflich ausgegangen, so Rümpel.

© dpa-infocom, dpa:210914-99-214200/5

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