Energie - Chemnitz:Fachleute sehen viel Potenzial für Wasserstofftechnologie

Chemnitz
Ein mit der Aufschrift "Wasserstoff" gekennzeichnete Rohrleitung. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Chemnitz (dpa/sn) - Als Alternative zum Verbrennungsmotor braucht es nach Experteneinschätzung neben dem batteriebetriebenen Elektroauto auch den Wasserstoffantrieb. Beide Technologien seien für die Energie- und Verkehrswende "Geschwister", konstatierten mehrere Fachleute am Donnerstag bei einer Konferenz mit Vertretern von Wissenschaft, Politik und Unternehmen in Chemnitz. "Die Technologie wird kommen und wer jetzt nicht einsteigt, wird in einigen Jahren hintenanstehen", mahnte der Direktor des Instituts für Automobilforschung der TU Chemnitz, Professor Thomas von Unwerth. Zugleich wurde bekannt, dass sich die angekündigte Wasserstoffstrategie für Sachsen verzögert.

Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) und andere Fachleute bescheinigten Sachsen gute Voraussetzungen, um Vorreiter bei der Wasserstofftechnologie zu sein. Ziel sei die Industrialisierung dieser Technologie für den globalen Markt, sagte Dulig in einem Videogrußwort und verwies auf die große Breite von Anwendungen. Die gibt es nicht nur im Verkehrssektor, sondern etwa auch in der Chemie, der Stahlproduktion und der Erzeugung von Wärme. Dabei könnte in Sachsen auch der Anlagenbau massiv profitieren.

Wasserstoff wird durch Elektrolyse gewonnen. Dabei wird mit Strom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespaltet. Der Wasserstoff speichert so Energie und kann transportiert und selbst gespeichert werden. In Brennstoffzellen reagiert er dann mit Sauerstoff zu Wasser. Dabei wird Energie frei - etwa zum Antrieb von Fahrzeugen.

"Die Brennstoffzellentechnologie hat ein größeres Wertschöpfungspotenzial für Deutschland als die Batterie-Elektromobilität", rechnete Professor Ralf Boris Wehrspohn, Vorstand der Fraunhofer Gesellschaft, vor. Im Verkehr sieht er den Einsatz bei Nutzfahrzeugen als Treiber. Aber auch Züge oder Flugzeugen können mit Brennstoffzellen betrieben werden. Bei Pkw biete sich die Technik vor allem mit Blick auf höhere Fahrzeugklassen an, sagte der Geschäftsführer des Innovationsclusters "HZwo", Karl Lötsch, der Deutschen Presse-Agentur. Bei Aufbau eines entsprechenden Tankstellennetzes seien Wasserstoffautos alltagstauglich und ähnlich zu verwenden wie bisher Diesel oder Benziner, betonte er.

Wasserstoff könne eine zweite tragende Säule im "Haus der Energiewende" werden, erklärte Gunda Röstel, Mitglied im nationalen Wasserstoffrat in Chemnitz. "Wir sollten alles dafür tun, diese Säule schnell und haltbar hochzuziehen." Ein Problem seien derzeit aber die hohen Kosten und die geringe Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff, der mit Hilfe erneuerbarer Energien gewonnen wird. Auch Lötsch sieht hier einen Knackpunkt. Bisher seien Pläne zum Aufbau von Anlagen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff in den meisten Fällen reine Interessensbekundungen, sagte er. Damit die Energiewende mit Einsparungen von Kohlendioxid gelinge, brauche es den Aufbau einer entsprechenden Produktion von grünem Wasserstoff.

Allerdings ist die Landesregierung mit ihrer für dieses Jahr angekündigten Wasserstoffstrategie in Verzug. Als Gründe nannte das federführende Energie- und Umweltministerium die Corona-Pandemie und eine verspätete Fertigstellung des nationalen Plans zum Wasserstoff. "Aktuell gehen wir davon aus, dass die Sächsische Wasserstoffstrategie im ersten Halbjahr 2021 Kabinettsreife erlangen wird", teilte das Ministerium auf Anfrage mit.

Der Koalitionsvertrag von CDU, SPD und Grünen in Sachsen sieht den Aufbau einer Wasserstoffindustrie "entlang der gesamten Wertschöpfungskette" vor. Damit soll der Strukturwandel gefördert werden. "Wir wollen dabei sicherstellen, dass vorrangig Wasserstoff aus erneuerbaren Energien zur Anwendung kommt", heißt es.

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