Energie:Auf glühenden Kohlen

Vor Entscheidung zu Energiepaket

Auch im Angebot: das Braunkohlekraftwerk von Vattenfall in Jänschwalde, Brandenburg.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

Der Energiekonzern Vattenfall hat sein gesamtes deutsches Braunkohle-Geschäft einschließlich der Tagebaue zum Verkauf gestellt. Doch das Interesse dafür ist offenbar nicht sehr groß. Gelingt der Verkauf, geht die Markt-Neuordnung weiter.

Von Markus Balser, Berlin

Dass ein Käufer im Monopoly der Firmenverkäufer ganz offen per Anzeige gesucht wird, kommt ziemlich selten vor. Am Dienstag aber sah sich der schwedische Vattenfall-Konzern gezwungen, darauf hinzuweisen, dass beim Verkauf seines Braunkohlegeschäft nun die Zeit drängt. Bis zum 6. Oktober, 12 Uhr mittags, erfuhr die europäische Energiebranche, bleibe Interessenten noch Zeit, sich bei Nicholas Blach-Petersen, einem Direktor der Citibank in London, zu melden.

Dass sein Postfach trotz Anzeige in der Financial Times überquillt, muss der Banker allerdings nicht befürchten. Zum Verkauf steht eine Tochter des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall, die gemeinhin als Auslaufmodell gilt. Zum Leidwesen der Mutter hatte sie zuletzt auch noch vieles gemein mit den Tagebauen, die sie in Ostdeutschland betreibt: Die Löcher, die das Geschäft reißt, werden immer größer. Wegen hoher Abschreibungen auf die Braunkohle-Sparte verbuchte die schwedische Konzernmutter im zweiten Quartal einen Milliardenverlust. Vattenfall würde das Geschäftsfeld nun nur zu gerne möglichst schnell loswerden. Im Angebot: das gesamte Geschäft der Braunkohleverstromung und des Braunkohletagebaus. Dazu zählen die Kraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe in Brandenburg, Boxberg und Block R der Anlage Lippendorf in Sachsen sowie die dazugehörigen Tagebaubetriebe in der Lausitz. Auch zehn Wasserkraftwerke nicht weit vom Braunkohlerevier in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt stehen zum Verkauf. Zum einen, weil in Schweden der Druck der Politik wächst, sich vom klimaschädlichen Geschäftsfeld zu trennen. Zum anderen, weil sich immer klarer abzeichnet, dass die deutsche Politik einen härteren Kurs gegen Kohlekraftwerke fährt - und sich die Anlagen demnächst vielleicht ohnehin nicht mehr rentieren.

Für die fünf Tagebaue, vier Kraftwerke und 8000 Arbeitsplätze nähert sich die Entscheidung. Ein wenig Hoffnung für die Beschäftigten gibt es. Immerhin sollen nun einige Kraftwerke als Notreserve eine Gnadenfrist von vier Jahren erhalten, ehe sie abgeschaltet werden. Einen Käufer zu finden, könnte unter diesen Vorzeichen dennoch schwer werden.

Interesse an dem Geschäft hatten bislang lediglich die tschechischen Versorger CEZ und EPH angemeldet, die ihren Einfluss auf dem deutschen Markt ausbauen wollen. Beide Konzerne seien weiter interessiert, hieß es auch am Dienstag bei Insidern des Verkaufsprozesses. Hohe Preisvorstellungen sollte Vattenfall jedoch nicht an den Tag legen, verlautete weiter. Sonst könne der Kreis der Bieter noch kleiner werden. Den Wert der Sparte hatten Experten bislang auf zwei Milliarden bis 3,5 Milliarden Euro geschätzt. Gelingt der Verkauf, geht die Neuordnung auf dem deutschen Energiemarkt weiter. Nach dem Aus der beiden von Vattenfall kontrollierten Atomkraftwerke bedeutet der Verkauf der Kohleaktivitäten für die Schweden vorerst das Ende der deutschen Stromproduktion im großen Stil. Vattenfall schlägt also einen ähnlichen Weg ein wie Deutschlands größter Energiekonzern Eon, der sein Kraftwerksgeschäft abspaltet und sich auf Netze und erneuerbare Energien konzentriert.

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