Ende des Bahn-Tarifstreits:"Das hat ja auch lange genug gedauert"

Die Einigung der Tarifpartner im Streit zwischen Bahn und Lokomotivführern hat am Montag ein Chaos verhindert. Reibungslos ging es aber nicht voran.

Auf den Bahnhöfen bildeten sich am Montag immer wieder Gruppen hilfesuchender Fahrgäste um Bedienstete der Bahn in neongelben Westen.

Zwar hatte die Lokführergewerkschaft GDL die Streiks bereits am Sonntag abgeblasen, aber am Montagmorgen fuhren noch viele Züge nach dem Notfahrplan.

Trotz Zugausfällen und Verspätungen ist ein Chaos ausgeblieben. Viele Reisende hatten sich informiert und früher auf den Weg gemacht, die meisten nahmen die Einschränkungen gelassen.

Die Warteschlangen vor den Schaltern im Frankfurter Hauptbahnhof waren nicht länger als sonst. Anzeigetafeln und Durchsagen gaben aber Ausfälle von Regional- und Fernzügen sowie Verspätungen bekannt.

"Sehr verständnisvoll"

Zu den eigens eingesetzten Bahnmitarbeitern gehörte auch Tanja Barte. Jeder zweite Zug des Regionalverkehrs sei zeitweise am Frankfurter Hauptbahnhof ausgefallen, und auch im Fernverkehr rechnete sie noch mindestens für den ganzen Montag mit Ausfällen. Dennoch seien die Fahrgäste "alle sehr verständnisvoll". "Die meisten haben sich darauf eingestellt", sagte Tanja Barte.

Dazu gehörte auch Silvia Brauer aus Kassel. Sie wartete am Frankfurter Hauptbahnhof mit einer privaten Reisegruppe, um zum Flughafen weiterzufahren. "Wir haben uns vorher erkundigt", sagte die 42-Jährige, die vier Stunden früher als normalerweise erforderlich aufgebrochen war.

"Völliges Durcheinander"

Sie war zufrieden mit der Organisation am Bahnhof: "Es ist eigentlich sehr ruhig. Ich dachte, das Chaos sei größer." Das sah Karin Woittennek allerdings anders: "Es herrscht ein völliges Durcheinander", sagte die Sächsin kopfschüttelnd. Sie habe sich eigens im Internet informiert.

An der Haltestelle "Frankfurt Südbahnhof" habe es dann geheißen, der Zug fahre nicht. Und im Hauptbahnhof stehe an der zentralen Anzeigetafel etwas anderes als am Bahnsteig. Dass sie nun voraussichtlich rechtzeitig nach Dresden komme, liege nur daran, dass sie sich viel früher auf den Weg gemacht habe, erklärte Woittenneck.

In Hamburg gab es für die meisten Bahnreisenden zum Beginn der Osterferien trotz des Notfallfahrplans keine bösen Überraschungen.

"Das hat ja auch lange genug gedauert"

Zwar fielen zunächst viele Züge des Fernverkehrs am Hauptbahnhof aus. Trotzdem verlief die Reise für viele Bahnkunden reibungslos, weil sie rechtzeitig nach Alternativen gesucht hatten.

"Ich habe mich vorher nach dem Sonderfahrplan erkundigt und Verbindungen rausgesucht", sagte Stefan Faasch, der von Lübeck nach Köln reiste und Zwischenstopp in Hamburg machte.

Trotzdem habe er vorsichtshalber einen früheren Zug nach Hamburg genommen. Faasch sah das Streikende positiv. "Das hat ja auch lange genug gedauert. Es wird Zeit, dass an der Streikfront Ruhe herrscht." Auch Friede Wiese hatte sich am Samstag bereits Alternativen gesucht. "Mein Zug fällt nämlich aus", sagte die Ahrensburgerin und fügte hinzu: "Umständlich ist das schon." Sie könne Streiks aber durchaus verstehen, "wenn es was bringt für die Betroffenen".

"Spielerei der Funktionäre"

Allerdings bewertete sie den fast ein Jahr andauernden Tarifstreit zwischen der Bahn und der Lokführergewerkschaft als "Spielerei der Funktionäre" und persönlichen Machtkampf. "Dadurch rückt auch das legitime Kampfmittel Streik in ein schlechtes Licht", meinte Wiese.

Diesen Eindruck teilte das Ehepaar Sandt aus Hamburg: "Das ist reines Machtgehabe." Manche Äußerungen des GDL-Chefs Manfred Schell halte er für unvertretbar, sagte Sandt, der mit seiner Frau und Enkeln nach Berlin reisen wollte. Zur Tarifeinigung meinte er: "Das hält ja nur ein Dreivierteljahr, und dann geht das von vorne los."

Auch in Düsseldorf führte die Umstellung vom Ersatzfahrplan auf den normalen Fahrplan zu Behinderungen. Eine Durchsage nach der anderen hallte durch den Bahnhof.

Viele Fahrgäste warteten vor dem Informationsschalter, wo sie Fahrscheine umtauschten oder Bescheinigungen über Verspätungen erhielten. Eine Menschentraube versammelte sich vor der Anzeigentafel. Zeitweise fielen mehr als die Hälfte aller Verbindungen aus.

Die Stimmung unter den Wartenden war dennoch gelassen. "Ich wollte um 09.13 Uhr nach Frankfurt", sagte Alexander Kuhl. "Mein Zug fällt aus und ich muss jetzt den nächsten nehmen, aber ich verliere kaum Zeit. Ich bin einfach nur froh, dass der Streik vorbei ist."

Ähnlich sah es Fabian Pickelmann, der seit rund 20 Minuten auf seine Verbindung nach Köln wartete. "Ich bin sehr zufrieden, dass sie sich endlich geeinigt haben. Es wurde ja auch mal langsam Zeit", sagte der Düsseldorfer Student.

Skeptisch stand dagegen Ina Groß der Einigung im Tarifkonflikt gegenüber: "Ich glaube noch nicht ganz daran, dass sie sich wirklich geeinigt haben", sagte die 27-jährige Pendlerin aus Duisburg. "Aber wir hoffen das Beste und freuen uns, bald wieder ohne Probleme Zug fahren zu können."

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