Empörte Aktionäre:"Jetzt geht es ans Eingemachte"

Aktionärssprecher warfen Jürgen Schrempp auf der Hauptversammlung von DaimlerChrysler massive Fehler vor. Mangelhafte Kontrolle und leichtfertige Markenpolitik habe der Vorstandschef zu verantworten.

Sprecher großer Investmentfonds-Gesellschaften haben DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp auf der Hauptversammlung in Berlin heftig kritisiert. Klaus Kaldemorgen von der Deutschen-Bank-Tochtergesellschaft DWS sagte am Mittwoch, die Geduld der Aktionäre sei erschöpft.

DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp

DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp bei der Hauptversammlung.

(Foto: Foto: AP)

Das milliardenteure Sanierungsprogramm für die defizitäre Kleinwagenmarke smart eine Bankrotterklärung, betonte Kaldemorgen. Die Mercedes-Car-Group werde 2005 tief in die Verlustzone geraten, prophezeite der Fonds-Manager.

Jürgen Schrempp hat zuvor gravierende Probleme bei den Marken smart und Mercedes-Benz eingeräumt. Die Entwicklung beim Kleinwagen smart nannte er "total inakzeptabel".

Die Qualitätsprobleme bei Mercedes-Benz müssten umfassend und kulant und so schnell wie möglich gelöst werden. Die hohen Aufwendungen dafür seien eine "Investition in unser wertvollstes Gut, die Marke Mercedes-Benz".

Markenwert aufs Spiel gesetzt

Die Kontrollinstanzen im Konzern seien mangelhaft, kritisierte Kaldenmorgen weiter. Zur Lage bei Mercedes-Benz, wo der Gewinn 2004 stark eingebrochen ist, sagte er: "Jetzt geht es ans Eingemachte." Der Wert der Marke Mercedes sei leichtfertig aufs Spiel gesetzt worden.

Thomas Meier von Union Investment meinte, dass Management habe in den letzten Jahren mehrfach die Prognosen zur Geschäftsentwicklung revidieren müssen. Schrempps Aussagen zur den Aussichten für die Jahre 2005 bis 2007 seien "zu unbestimmt". Union Investment werde sich bei der Entlastung des Vorstandes der Stimme enthalten.

Hohe Sarnierungskosten bei smart

Gleichzeitig verteidigte der Konzernchef seinen zuletzt scharf kritisierten Kurs. "Wir haben klare Fortschritte erzielt", sagte Schrempp. "Wir haben das Gewinnziel erreicht. Damit sind wir aber noch nicht zufrieden."

Durch das Kostensenkungsprogramm Core sollten bis zum Jahr 2007 insgesamt drei Milliarden Euro werden. Mit einer vorgeschlagenen Dividende von 1,50 Euro liege DaimlerChrysler bei den Dax-Werten in der Spitzengruppe, betonte er.

Die Marke Mercedes wieder zu alter Stärke zu führen habe "absolute Priorität", erklärte Schrempp. Vergangene Woche hatte der Autobauer daher 1,3 Millionen Autos in die Werkstätten gerufen - mehr als eine Jahresproduktion.

"Diese Fahrzeuge bringen wir in Ordnung, umfassend und kulant", versprach der Konzernchef. "Natürlich kostet das Geld, aber wir sind uns sicher, dass es gut angelegt ist." Analysten rechnen mit einem dreistelligen Millionenbetrag.

Für die Kleinwagenmarke smart werde es 2005 ohne die Sanierungskosten einen leicht höheren operativen Gewinn als im Vorjahr (5,8 Milliarden Euro) geben, sagte der Vorstandsvorsitzende weiter. Da Schrempp die Kosten für das smart-Programm auf bis zu 1,2 Milliarden Euro bezifferte, wird der Gewinn 2005 tatsächlich aber geringer als im Vorjahr ausfallen.

Gewinnsteigerung bei Mercedes

Der Absatz der Mercedes Car Group (MCG) habe auf dem Vorjahresniveau von etwa 100.000 Fahrzeugen gelegen. Für das Gesamtjahr werde bei der Hauptmarke Mercedes-Benz ein leichtes Absatzplus erwartet, prognostizierte Schrempp.

Im Vorjahr hatte die MCG (Mercedes-Benz, smart, Maybach) insgesamt 1,24 Millionen Fahrzeuge verkauft. Schrempp bestätigte die Ergebnisprognose für die Jahre 2006 und 2007. Der Gewinn solle deutlich gesteigert werden.

Unzufriedene Anleger hatten der Unternehmensführung im Vorfeld eine enttäuschende Aktienentwicklung und die aktuellen Ertragsprobleme bei Mercedes vor.

Negative Schlagzeilen

In der vergangenen Woche hatten zudem die größte Rückrufaktion in der Geschichte von Mercedes-Benz und ein milliardenschweres Sanierungsprogramm für die defizitäre Tochter Smart für negative Schlagzeilen gesorgt.

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), die Kleinaktionäre vertritt, hat angekündigt, auf der Versammlung gegen eine Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats zu votieren.

Die Fondsgesellschaft Union Investment, die nach eigenen Angaben DaimlerChrysler-Aktien im Wert von rund 500 Millionen Euro hält, will sich bei der Abstimmung über eine Entlastung der Stimme enthalten.

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