Twitter-Übernahme:Elon Musk lässt nicht locker

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Der umtriebige Unternehmer Elon Musk bei einem Besuch in seiner Autofabrik in Grünheide bei Berlin. (Foto: Olaf Wagner/imago images)

Der Tesla-Chef hat Banken überzeugt, ihm Kredite für die Übernahme von Twitter zu geben. Kurz zuvor hatte das soziale Netzwerk den Deal noch abgelehnt, aber nun könnte der Vorstand das Kaufangebot doch akzeptieren.

Von Helmut Martin-Jung

Twitter war Donald Trumps Lieblingswerkzeug zur Kommunikation. Wenn er eine Kurznachricht schrieb, konnte das weltpolitische Folgen haben. Und wenn Elon Musk einen Tweet absetzt, bewegt das zumindest die Finanzmärkte. Klar also, dass Twitter, die Plattform für Kurznachrichten, Videos und Live-Debatten, eine größere als nur eine wirtschaftliche Bedeutung hat. Und klar auch, dass es viele Fragen gibt, wenn einer wie der Tesla-Chef Musk, der reichste Mensch der Welt, Twitter übernehmen will.

Das ist über das Wochenende sehr viel wahrscheinlicher geworden - Musk legte dem Unternehmen mit Sitz in San Francisco ein neues Finanzierungsangebot vor. Und ganz offenbar ist man bei Twitter nun gewillt, das Angebot zu akzeptieren. Man sei bereit, die Offerte in Höhe von 54,20 Dollar je Aktie anzunehmen, schreibt Reuters. Ein Deal könne noch im Lauf des Montags bekannt gegeben werden. In der vergangenen Nacht hätten beide Parteien Verhandlungen aufgenommen. Nun müsse noch das Board zusammentreten, um den Aktionären die Transaktion zu empfehlen. Auch ein Scheitern in letzter Sekunde könne aber nicht ausgeschlossen werden.

Öffentlich hatte Musk, der neben Tesla auch das Raumfahrtunternehmen Space-X, den Bezahldienst Paypal und einige andere Firmen gegründet hat, zwar behauptet, die wirtschaftliche Seite von Twitter sei ihm nicht wichtig. Doch auch er musste die etwa 43 Milliarden Dollar, die für die Übernahme des sozialen Netzwerks nötig sind, erst einmal auftreiben. Sein gigantisches Vermögen von etwa 250 Milliarden Dollar besteht ja vor allem aus Tesla-Aktien. Wie US-Medien berichten, habe es dazu in der vergangenen Woche hektische Aktivitäten gegeben, um das Geld von Banken zusammenzubekommen, offenbar mit Erfolg.

Musks Pläne für Twitter sind bei den Banken gut angekommen

Musks Vision, wie er Twitter führen und profitabel machen will, sei bei den Geldinstituten gut angekommen, berichtet der Nachrichtendienst Bloomberg unter Berufung auf vertrauliche Gespräche mit einigen Bankern. Musks Leute hätten Präsentationen gezeigt, mit einigen der größeren potenziellen Geldgeber habe Musk auch per Videochat kommuniziert und dabei sehr begeisternd gewirkt. Die Großbank Morgan Stanley soll dabei eine führende Rolle nicht nur als erster Geldgeber gespielt haben, sondern auch dabei, andere Banken wie Société Générale, BNP Paribas und Barclays mit an Bord zu bekommen. Einigen aber ging die Sache etwas zu schnell.

Zudem erlaubt die Art der von Musk angestrebten Übernahme keine Einsicht in die Bücher von Twitter. Mehr als die öffentlich verfügbaren Informationen und die von Musk vorgestellten Pläne hatten die Geldgeber also nicht, um zu entscheiden, ob sie mitmachen oder nicht. Der Twitter-Vorstand ließ zunächst nur verlauten, man wolle die Sache ernsthaft prüfen, später hieß es - allerdings noch inoffiziell - Twitter sei bereit, Musks Angebot zu akzeptieren.

Zunächst hatte Twitter den Deal noch abgelehnt und Gegenmaßnahmen eingeleitet, die Musk den Kauf weiterer Aktien erschweren sollten. Sie erlaubten es anderen Aktionären, Twitter-Aktien günstiger zu kaufen, wenn der Anteil eines Aktionärs 15 Prozent übersteigt. Elon Musk hatte in den vergangenen Monaten bereits neun Prozent der Twitter-Anteile gekauft. Doch nun wurde offenbar auch der Druck der anderen Twitter-Aktionäre stärker, auf das Angebot einzugehen. Schließlich liegt Musks Angebot deutlich über dem derzeitigen Aktienkurs von Twitter.

Es geht auch um die Rolle von Twitter als soziales Medium

Die geplante Übernahme ist aber nicht nur wegen der finanziellen Details in der Diskussion. Es geht auch um die Bedeutung der Plattform als soziales Medium. Musk hatte angekündigt, er wolle sich für Redefreiheit einsetzen - viele fragen sich allerdings, welche Freiheit er damit meint. Musk ist für seine ablehnende Haltung kritischen Journalisten gegenüber bekannt. Als das Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin in Betrieb ging, bekamen etliche Journalisten, die sich davor kritisch geäußert hatten, keine Akkreditierung für die Feier. Auch kritische Anfragen an das Unternehmen werden oft nicht beantwortet oder die Fragesteller mit Phrasen abgespeist. Dass die ungebremste Redefreiheit in sozialen Medien auch viel Schaden anrichtet, scheint Musk darüber hinaus auszublenden.

Der frühere US-Präsident Donald Trump nutzte während seiner Amtszeit intensiv Twitter, um mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren. (Foto: Joe Maiorana/AP)

Elon Musk, der nach eigenem Bekunden am Asperger-Syndrom leidet, einer milden Form des Autismus, legt sich also mächtig ins Zeug, um das Netzwerk übernehmen zu können. Doch droht ihm just von einem früheren Tweet Ungemach. Vergangene Woche stellte ein Richter in San Francisco fest, dass eine Kurznachricht, in der Musk 2018 behauptet hatte, dass er seine Elektroauto-Firma Tesla von der Börse nehmen wolle, gelogen gewesen sei. Musk bestreitet das.

Der berühmt-berüchtigte Tweet mit dem Inhalt "funding secured" (Finanzierung gesichert) hatte damals die Tesla-Aktie stark steigen lassen- einige Anleger hatten deswegen viel Geld verloren. Die Entscheidung des Richters aus San Francisco fiel in einem von mindestens zwölf hochkarätigen Verfahren rund um diese Tweets. Die Sache, die damals auch die US-Börsenaufsicht SEC auf den Plan gerufen hatte, könnte ihm nun auf die Füße fallen.

Musk und seine Anwälte gehen gegen die Entscheidung des Richters vor. "Nichts wird jemals die Wahrheit verändern, die da ist, dass Elon Musk erwogen hatte, Tesla von der Börse zu nehmen und das auch hätte tun können", sagte Musks Anwalt Alex Spiro zu Bloomberg. Wie sehr ihm die Sache nun schaden wird, darüber gehen die Meinungen auch unter Rechtsexperten auseinander. Interessant ist jedenfalls, dass Musk eigentlich dazu verpflichtet war, jeden Tweet, der mit Tesla zu tun hat, vor der Veröffentlichung einem firmeninternen Mitarbeiter vorlegen, dem sogenannten Twitter-Sitter.

Bei einem Verfahren rund um die Behauptungen Musks, das Investoren gegen ihn angestoßen haben und das im kommenden Januar verhandelt werden soll, werden Verluste in Höhe von zwölf Milliarden Dollar eingeklagt. Nicholas Porritt, der Anwalt der Gegenseite, jedenfalls sieht dafür gute Chancen. Dass der zuständige Richter einen Angeklagten bereits vor Verhandlungsbeginn derart diskreditiere, komme sehr selten vor und vor allem nicht in einem solch großen Fall.

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