Süddeutsche Zeitung

Elektromobilität:Turbolader für die Städte

Die Konzerne EnBW und OMV planen schnelle Ladestationen für Stromer. Sie sollen eine Leistung von 300 Kilowatt haben. Das wäre ein großer Sprung. Mit 300 KW kann man in drei Minuten Strom für einhundert Kilometer tanken.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Der baden-württembergische Energieversorger EnBW und der österreichische Mineralölkonzern OMV haben eine Kooperation beschlossen, mit der sie das Aufladen von Elektro-Autos in den Städten Süddeutschlands erleichtern wollen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wollen die Unternehmen gemeinsam etwa 100 Ladesäulen errichten und betreiben, die 300 Kilowatt leisten. Das wäre ein großer Sprung. Mit 300 KW kann man in drei Minuten Strom für einhundert Kilometer tanken. Derart starke Ladesäulen gibt es an Deutschlands Straßen derzeit kaum, die aktuellen sogenannten Schnelllade-Stationen schaffen maximal 50 Kilowatt.

Selbst die sogenannten Supercharger von Tesla bieten derzeit nur 145 KW. Zwar hat das Münchner Unternehmen Ionity jüngst begonnen, ein europaweites Ladenetz mit 350 KW-Säulen aufzubauen. Diese Stationen werden aber nur an den wichtigsten Fernstraßen geplant. EnBW und OMV wären also die ersten Unternehmen, die das Ultraschnell-Laden an Tankstellen in Innenstädten anbieten. Langfristig könnte die Kapazität der Säulen sogar noch gesteigert werden.

Dies könnte ein weiterer Schritt sein zur Akzeptanz der Elektro-Mobilität, denn bislang schrecken viele Menschen vor dem Kauf eines Stromautos zurück, weil sie Angst davor haben, auf der Suche nach einer Ladestation liegen zu bleiben.

Die deutschen Autobauer haben bis 2020 rein elektrisch angetriebene Pkw angekündigt. Damit sie diese zum Verkaufsstart auch loswerden, sind sie auf ein leistungsfähiges und engmaschiges Ladenetz angewiesen. Um den potenziellen Käufern die Reichweitenangst zu nehmen, haben die Hersteller BMW, Daimler, Ford und Volkswagen das Joint-Venture Ionity gegründet. Dessen europaweit angelegtes Netz an Fernstraßen wollen EnBW und OMV zunächst in Süddeutschland mit ihren Ladesäulen in urbanen Räumen ergänzen.

Noch bestätigen weder EnBW noch OMV die Pläne, doch aus Unternehmenskreisen heißt es, die 100 Stationen sollen an OMV-Tankstellen in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen errichtet werden. Die ersten Standorte sollen noch in diesem Jahr in Betrieb genommen werden, bis Ende 2019 sollen 100 Stationen stehen. Langfristig soll jede Station bis zu acht Ladepunkte bekommen, das wären dann bis zu 800 Ultraschnellzapfsäulen.

Als weiteres mögliches Hindernis für den Durchbruch der Elektromobilität gilt die Angst davor, dass abends in Wohngebieten der Strom ausfällt, wenn viele Stromer gleichzeitig aufgeladen werden und damit das Netz überlasten. "Dieses Problem werden wir lösen", kündigte EnBW-Vorstandschef Frank Mastiaux in der vergangen Woche auf der Hauptversammlung in Karlsruhe an. Das heutige Stromnetz sei nicht darauf ausgelegt, dass viele Autos zur gleichen Zeit am gleichen Ort Strom tankten, räumte er ein. Derzeit laufe aber ein Pilotprojekt in Ostfildern bei Stuttgart: Dort testen Anwohner mit Elektroautos und Ladeboxen, wie sich eine derartige Ballung von Ladevorgängen auf das Stromnetz auswirkt.

Die EnBW ist an der Börse notiert, gehört aber zu jeweils 46,75 Prozent dem Land Baden-Württemberg und einem Zweckverband, an dem sich neun Landkreise aus dem Süden des Bundeslandes beteiligt sind. Nach roten Zahlen 2016 verbuchte EnBW im vergangenen Jahr wieder einen Milliarden-Gewinn.

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Quelle:
SZ vom 14.05.2018
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