Die Telefonzelle hat es ja nicht leicht. Immer weniger Menschen brauchen sie noch, seitdem das Handy allgegenwärtig ist. Die gelben Telefonhäuschen aus Bundespostzeiten hat die Deutsche Telekom längst ausrangiert. Übrig geblieben sind noch etwa 20 000 Stelen, jene grauen Telefonsäulen mit magentafarbenem Hörer dran. Tendenz fallend.
Immerhin versucht die Telekom, die Stelen zu allerlei umzufunktionieren: Viele funken W-Lan-Signale in die Luft. Und bald können auch Elektroautos an ihnen laden, dank eines neuen Kabelanschlusses unter dem Hörer. Die Telekom will Hunderte Verteilerkästen und frühere Telefonzellen zu Ladestationen für batteriebetriebene Fahrzeuge aufrüsten. Entsprechende Prototypen hat der Konzern nun in Bonn und Darmstadt in Betrieb genommen. Damit will die Telekom zu etwas mehr Nachhaltigkeit auf der Straße beitragen.
In drei Jahren will das Unternehmen 500 Zapfsäulen betreiben
Schließlich hatte die Bundesregierung einst das Ziel vorgegeben, bis zum Jahr 2020 eine Million Elektro- und Hybridfahrzeuge auf hiesige Straßen zu bringen. Doch haben die Behörden bislang noch nicht einmal 200 000 Autos mit alternativem Antrieb zugelassen. Denn bislang haben die Hersteller kaum günstige Elektroautos im Angebot; zugleich verweisen sie darauf, dass es zu wenig Ladepunkte gebe.
Die Telekom baut nun ein bundesweites Netz auf, das aus gewöhnlichen Ladestellen und Schnellladesäulen für längere Strecken besteht. Der Konzern will noch in diesem Jahr 100 Schnelllader aufbauen, an denen Elektroautos binnen zehn Minuten genug Energie für 100 Kilometer tanken können. In drei Jahren will die Telekom dann 500 Zapfsäulen betreiben.
Zudem sieht der Konzern ein Potenzial für bis zu 10 000 Ladestationen an Telefonzellen und grauen Verteilerkästen in den Straßen. Dort können zwei Fahrzeuge gleichzeitig Energie für bis zu 75 Kilometer tanken. "Wir bauen dort auf, wo wir bereits Infrastruktur haben", sagt Bruno Jacobfeuerborn, Geschäftsführer von Comfort Charge, einer Tochterfirma der Telekom. Wie viele Ladepunkte es letztlich werden, hänge davon ab, ob die Städte Parkplätze in der Nähe genehmigten. "Wir werden gemeinsam mit den Städten schauen", so Jacobfeuerborn. Viele Stadtwerke bauen bereits eigene Ladenetze für Elektroautos.
Derzeit gibt es in Deutschland gut 13 500 öffentlich zugängliche Ladepunkte, berichtet der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Das sind 25 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Wenn künftig mehr Elektroautos unterwegs sind, sollte das Ladenetz freilich mitwachsen. "Für eine Million E-Autos bräuchten wir nach unseren Berechnungen 70 000 Normalladepunkte und 7 000 Schnellladepunkte", sagt BDEW-Geschäftsführer Stefan Kapferer. Bislang bauen vor allem Energieversorger Ladenetze auf, zudem Supermärkte, Hotels und Parkhäuser. Beispielsweise plant die Handelskette Aldi Süd knapp 30 Schnellladesäulen in der Nähe von Autobahnabfahrten; Ikea will mittelfristig alle hiesigen Filialen entsprechend ausstatten. Profitabel sind die Ladenetze freilich noch nicht. An manchen Säulen laden nur ein bis drei Autos täglich, heißt es vom BDEW: "Es ist vielmehr eine Investition in die Zukunft." Daher nimmt auch die Telekom für ihr Ladenetz staatliche Förderung in Anspruch. Bund, Länder und Kommunen übernehmen mit verschiedenen Programmen bis zu 40 Prozent der Baukosten.
Verbraucherschützer kritisieren indes, dass Autofahrer die Kosten der verschiedenen Ladesysteme viel schlechter vergleichen könnten als etwa die Benzinpreise an Tankstellen. Der Stromversorger Lichtblick hat in seiner jüngsten Stichprobe Unterschiede von bis zu 300 Prozent festgestellt. Demnach berechnet der günstigste Anbieter gut 13 Cent pro Kilowattstunde Strom, der teuerste hingegen 54 Cent. Wieder andere Betreiber verlangen eine Pauschale für jeden Besuch. So auch die Telekom: Gut sieben Euro soll jedes Aufladen an ihren neuen Ladestellen kosten, an den Schnellladesäulen knapp 15 Euro.
Die Verbraucherzentrale Bundesverband fordert, dass die Betreiber vergleichbare Preise verlangen müssten, die sich an der Strommenge bemessen sollten. Die Verbraucherschützer fordern, dass der Staat eine zentrale Stelle schaffen sollte, die Informationen über Standorte oder Preise der Anbieter zusammenträgt. Als Vorbild dient die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe, die permanent die Benzinpreise der Tankstellen erhebt.