Elektroautos:Tesla will rund um die Uhr produzieren

Tesla-Verkaufsraum

Tesla setzt seine Hoffnung auf das Model 3: Es gibt 400 000 Vorbestellungen für das Fahrzeug. Doch das Unternehmen kommt mit der Fertigung nicht hinterher.

(Foto: Scott Olson/AFP)

Elon Musk setzt die Ziele für das Model 3 nach oben: Bald sollen 6000 Fahrzeuge pro Woche gefertigt werden.

Von Hans von der Hagen und Jan Schmidbauer

Seit Monaten gelingt es Tesla nicht, die Produktionsziele für das Model 3 zu erreichen. Dabei gilt das Fahrzeug, das mit einem Einstiegspreis von 35 000 Dollar wesentlich günstiger ist als die Topmodelle des kalifornischen Elektroautoherstellers, als Hoffnungsträger: Es soll dem chronisch defizitären Unternehmen endlich Gewinne einbringen.

Um die Autos trotz der Fertigungsprobleme pünktlich ausliefern zu können, will Tesla-Chef Elon Musk nun deutlich mehr Fahrzeuge produzieren lassen. Bis Ende Juni will er die Kapazität der Werke von 5000 auf 6000 Autos pro Woche erhöhen, schreibt Tesla-Chef Elon Musk in einer E-Mail an seine Mitarbeiter, die der US-Blog Electrek veröffentlichte. Das Ziel klingt ambitioniert, derzeit fertigt Tesla nach eigenen Angaben nur etwa 2250 Model 3 pro Woche. Bereits im Mai sollen es 3000 bis 4000 Fahrzeuge sein, schreibt Musk.

"Die übertriebene Automatisierung war ein Fehler. Um genau zu sein, mein Fehler."

Um die neuen Ziele zu erreichen, will er nun eine zusätzliche Schicht einführen und damit rund um die Uhr produzieren. Für einige Wochen sollen bis zu 400 Mitarbeiter zusätzlich eingesetzt werden. Tesla steht derzeit unter besonderer Beobachtung der Investoren. Zuletzt wurden diese recht nervös, nicht nur, weil Musk am 1. April einen ungewöhnlichen Tweet absetzte: "Trotz intensiver Versuche, Geld aufzutreiben, inklusive eines verzweifelten Massenverkaufs von Ostereiern, müssen wir leider mitteilen, dass Tesla komplett und absolut pleite ist. So pleite, man glaubt es gar nicht." Gewiss, es war nur ein Scherz, aber einer, der manchen wie ein Menetekel vorkommen musste. Gemessen an ihrem Hoch von 385 Dollar im September 2017, hat die Tesla-Aktie rund ein Viertel ihres Wertes eingebüßt. Es gibt eine große Skepsis, ob Tesla eine Massenfertigung hinbekommt. Erst am Montag war bekannt geworden, dass das Unternehmen die Produktion des Model 3 für mehrere Tage unterbricht. Die drei- bis fünftägige Produktionspause in Teslas Autofabrik im kalifornischen Fremont und in der Gigafactory in Nevada sei nötig, um umfassende Aufrüstungen für die geplante Produktionsoffensive vorzunehmen, schreibt Musk nun in seinem Brief an die Mitarbeiter.

Zuletzt hatte er in einem Interview eingestanden, dass die Probleme in der Produktion auch daher rühren, dass man es mit der Automatisierung übertrieben hat: Roboter hätten die Fertigung in einigen Fällen verlangsamt. "Wir hatten dieses verrückte, komplexe Netzwerk von Laufbändern. Und es funktionierte nicht." Später schrieb er bei Twitter: "Ja, die übertriebene Automatisierung bei Tesla war ein Fehler. Um genau zu sein, mein Fehler. Menschen sind unterbewertet."

In seiner jüngsten Mail erhöht Musk allerdings den Druck auf Mitarbeiter und Zulieferer: Jede Abteilung und jeder Zulieferer, der mit den neuen Zielen überfordert sei, brauche eine "sehr gute Erklärung" sowie einen "Plan zur Problemlösung", der ihm persönlich zu unterbreiten sei. Die Verträge mit Zulieferern, die es binnen dieser Woche nicht schafften, Teslas "Exzellenz-Anforderungen" zu erfüllen, sollten am Montag gekündigt werden. Ziel sei, das Model 3 mit einer zehnmal höheren Präzision "als jedes andere Auto auf der Welt" zusammenzubauen, schreibt Musk, und ergänzt: "Das ist kein Scherz." Bei einigen ausgelieferten Wagen wurde unter anderem in Youtube-Videos auf ungleiche Abstände zwischen Karosserieteilen aufmerksam gemacht. Wenn künftig Käufer beim Nachprüfen von Abmessungen Abweichungen von den offiziellen technischen Daten entdeckten, "bedeutet das nur, dass deren Maßband falsch ist".

Doch es geht ihm nicht allein um Verbesserungen in der Produktion, Tesla soll insgesamt besser geführt werden. Strenger als bisher will Musk etwa auf die Kosten schauen. Er habe das Finanzteam gebeten, weltweit jede Ausgabe im Unternehmen zu überprüfen. Über alle Beträge von mehr als einer Million Dollar will Musk gar persönlich entscheiden. Daneben pocht er darauf, die normalen betrieblichen Abläufe zu straffen. Als "Empfehlungen" für produktiveres Arbeiten ruft er die Mitarbeiter unter anderem dazu auf, weniger Zeit in Konferenzen zu verbringen. "Verlassen Sie ein Meeting oder eine Telefonkonferenz, sobald klar wird, dass Sie dort keinen Beitrag leisten. Es ist nicht unhöflich, rauszugehen, es ist unhöflich, jemanden bleiben zu lassen und dessen Zeit zu verschwenden."

Irritiert zeigt sich Musk auch über die hohe Zahl von Unternehmen, mit denen Tesla letztlich zusammenarbeite. Bei vielen Vertragspartnern verhalte es sich wie bei den russischen Matroschka-Puppen: Der Hauptvertragspartner habe einen Subunternehmer und der habe wiederum einen Subsubunternehmer. Entsprechend mühsam sei es dann, jene zu finden, die tatsächlich die Arbeit machten. "Das bedeutet, es gibt viele Manager zwischendrin, die zwar Kosten verursachen, aber nichts Sinnvolles tun."

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