Elektromobilität:Rohstoffe aus E-Auto-Batterien

08.09.2021, Messe München IAA Mobility 2021 in München im Messegelände Riem. Details vom Unterbau eines E-Autos von Merc

Blick in den Unterbau eines Elektroautos: Dicke Kabel führen vom Ladeanschluss in die Batteriezellen.

(Foto: imago images)

In NRW geht eine Anlage in Betrieb, die Lithium oder Nickel aus alten Akkus rückgewinnt.

Von Max Hägler und Benedikt Müller-Arnold, München/Düsseldorf

Mit der Ökobilanz von Elektroautos ist es so eine Sache. Mit der Zeit dreht sie ins Positive, wenn das Fahrzeug Grünstrom tankt statt Benzin oder Diesel. Doch am Anfang steht ein Manko: Für Batterien braucht es Rohstoffe wie Lithium oder Nickel, die umweltschädlich abgebaut und durch die halbe Welt verschifft werden.

Nun wollen der Düsseldorfer Anlagenbauer SMS Group und die australische Firma Neometals die CO₂-Bilanz von Akkus verbessern - und nebenbei Müllprobleme lösen: Ihr Gemeinschaftsunternehmen namens Primobius hat ein System entwickelt, das Ressourcen aus alten Batterien recycelt, die nach einigen Jahren nicht mehr leistungsfähig genug sind oder auch aus Unfallfahrzeugen stammen können. Der Markt dürfte deutlich wachsen, je mehr Elektroautos unterwegs sind: "Es wird einen Tsunami von Batterien geben, die zurückkommen", prophezeit Neometals-Chef Chris Reed.

Die Anlage von Primobius schreddert alte Akkus in einem ersten Schritt - und sortiert Plastik oder Metallfolien aus, die wiederum recycelt werden können. Übrig bleibt eine schwarze Masse, die im Schritt gefiltert und getrocknet, ausgelaugt und gereinigt wird. So gewinnt die Anlage schrittweise Lithium und Nickel, Kobalt und Kupfer wieder; die Rohstoffe sollen zurück an Autobauer und Hersteller von Batteriezellen gehen.

Autobauer testen zwei Schritte: Akkus erst wiederverwenden, dann recyceln

Nach Pilotversuchen in Kanada hat das Gemeinschaftsunternehmen nun eine erste Demonstrationsanlage in Hilchenbach im Siegerland errichtet, auf einem Gelände der SMS Group. Das System könne zunächst eine Tonne pro Tag verarbeiten, sagt Primobius-Chef Horst Krenn. Probeläufe sollen noch im Oktober beginnen, sodass potenzielle Lieferanten und Abnehmer die Technik testen können. Derzeit bereite man vor, die Kapazität auf zehn Tonnen täglich zu erhöhen. Anfang nächsten Jahres wollen die Partner entscheiden, ob eine erste Anlage im kommerziellen Maßstab folgen soll. Das Gemeinschaftsunternehmen will derlei Systeme nicht nur bauen und verkaufen, sondern bei Bedarf auch selbst betreiben.

Autohersteller arbeiten schon länger daran, Batterien sinnvoll weiterzuverwenden, während das Fahrzeug drumherum bereits zu rosten beginnt: "Second Life" ist das Stichwort für Batterien, die dann oft noch 60 oder 70 Prozent ihrer ursprünglichen Leistungsfähigkeit haben. Immer mehr finden - zu Dutzenden zusammengeschaltet - in Stromspeichern Verwendung, die Spitzen im Netz abfedern sollen. BMW etwa hat das mit dem Energiekonzern Vattenfall in Amsterdam probiert, Ford tüftelt daran in Köln samt örtlichem Versorger und Verkehrsbetrieben. Der Gedanke ist - bei VW und Daimler nicht viel anders -, dass Akkus nach bis zu zehn Jahren Nutzung im Auto weitere zehn Jahre als Puffer dienen. Und dann erst ins Recycling gehen, wobei BMW etwa mit den Firmen Düsenfeld, Northvolt und Umicor an Pilotprojekten arbeitet.

Eins ist klar: Niemand will die Batterien, die im wahrsten Wortsinne brandgefährlich sein können, einfach auf den Müll werfen. Genau das passiert weltweit noch zu oft, moniert Neometals-Chef Reed. Eine Umweltsünde und ein Trauerspiel in Sachen Ressourcenschutz: Immerhin haben hoch leistungsfähige Batterien derart viel Lithium und andere Rohstoffe verbaut, dass sie bis zu 7000 Euro kosten. Daher denken sie etwa bei BMW darüber nach, am Ende eines Fahrzeuglebens eine Prämie für die Rückgabe zu zahlen. "Ein altes Elektroauto ist deutlich wertvoller als ein Verbrennerfahrzug", sagt ein Sprecher.

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