Einzelhandel und Milchpreis:Zorn auf Lidl

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Lidl sorgt für Ärger: Der Discounter habe aus Imagegründen die Milchpreise erhöht, behaupten Händler - die Milchversorgung sei auch ohne Preiserhöhung sicher gewesen.

Deutsche Einzelhändler werfen dem Discounter Lidl vor, die Preise für Milch allein aus Imagegründen erhöht zu haben, berichtet die Financial Times Deutschland (FTD). Mit der Aktion könnte der Discounter nach der Spitzelaffäre seinen Ruf wiederherstellen wollen.

Milch und Butter sollen teurer werden. (Foto: Foto: dpa)

Milchversorgung war gesichert

Die Händler seien zum Zeitpunkt der Preiserhöhung von Lidl nicht mehr unter Druck gewesen. "Niemand hat damit gerechnet, dass ein Händler jetzt noch einknicken würde", zitiert die Zeitung einen Konkurrenten. "Nachdem die Bauern die Blockaden vor den Molkereien aufgelöst hatten, waren wir gar keinem Druck mehr ausgesetzt." Die Versorgung mit Milch sei gesichert gewesen.

Lidl hatte am Dienstagabend angekündigt, die Preise für Milch anzuheben. Vorausgegangen waren zehntägige Proteste von deutschen Milchbauern. Der Milchpreis der Discounter hat Signalwirkung für die ganze Branche - kurz nach Lidls Ankündigung zeigten auch Rewe, Tengelmann, Metro, Edeka und Aldi Gesprächsbereitschaft.

"Soziale Verantwortung für Landwirtschaft"

Lidl begründete die Erhöhung des Milchpreises damit, dass man seiner "sozialen Verantwortung der deutschen Landwirtschaft gegenüber" nachkomme.

Doch die Preiserhöhung sorgt für neuen Streit. Sollte die Erhöhung auf Trinkmilch und Butter beschränkt bleiben, so hätten jene Bauern einen Vorteil, die an Molkereien mit einem hohen Anteil dieser Ware angeschlossen sind, berichtet die FTD. Die Milch-Union Hocheifel (MUH) etwa liefere vor allem Trinkmilch.

Preiserhöhung nützt nur wenigen Bauern

Das Nachsehen hätten dagegen etwa die Bauern von Nordmilch, denn die Molkerei konzentriere sich auf Käseprodukte. "Die Preise für das gesamte Sortiment müssen steigen", forderte dementsprechend ein Nordmilch-Sprecher.

Ihren Boykott hatten die Bauern am Donnerstagabend beendet. Zuvor hatten Handelsketten höhere Preise zugesichert - oder zumindest Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Ganz ausgeräumt ist der Konflikt allerdings noch nicht. Denn feste Zusagen für mehr Geld haben die Milchbauern nur von den wenigsten Handelsketten bekommen.

Die Bauern fordern weiterhin 43 Cent pro Liter Milch. Der Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter, Romuald Schaber, sagte bereits, es stehe noch ein langer Kampf bevor.

Seehofer spricht von Durchbruch

Das Einlenken der Handelskonzerne könnten bald auch die Verbraucher zu spüren bekommen. Nach Ansicht des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE) spricht einiges dafür, dass neben der Milch auch die Butter teurer wird, sagte HDE-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr der Berliner Zeitung (Freitagsausgabe). Ob auch Joghurt, Käse und andere Milchprodukte teurer werden, sei noch nicht abzusehen.

Die Nachricht der deutlichen Entspannung in dem Konflikt kam am Donnerstag aus Berlin: "Ich fordere Sie auf, ab heute Abend wieder Milch zu liefern", rief Schaber, bei einer Kundgebung einigen tausend Bauern am Brandenburger Tor zu. Wenig später sprach dann Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) von einem Durchbruch.

Den Anfang hatte der zweitgrößte deutsche Discounter Lidl am Mittwoch mit der Ankündigung einer Preiserhöhung von zehn Cent pro Liter Milch gemacht. Am Donnerstag kündigte auch "Kaufland" an, von der kommenden Woche an die Preise für Milch zu erhöhen, wie die Heilbronner Stimme berichtete.

Rewe, Metro und Edeka und Aldi Nord sind verhandlungsbereit, sagte Seehofer. Aldi Süd kündigte an, sich "an den aktuell im Markt diskutierten Erzeugerpreisen" orientieren zu wollen. Auch Tengelmann und der Discounter Plus zeigten sich in einer dpa-Umfrage bereit zu Gesprächen.

Schaber sagte, es müsse aber sichergestellt werden, dass das Geld auch auf den Höfen ankomme. Die Bauern müssten bei der Festlegung der Milchquoten mitreden dürfen. Sie legt fest, wie viel Milch ein Bauer produzieren darf.

© sueddeutsche.de/dpa/jkr/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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