Einzelhandel:Rabatte auf alles

In ihrer Not buhlen die Einzelhändler mit immer brutaleren Methoden um das Geld der Kunden. Bei Media Markt erhält jetzt jeder zehnte Kunde den Kaufbetrag komplett zurück - mit ein wenig Glück.

Stefan Weber

Kunden des Elektronikhändlers Media Markt in Hamburg erlebten am Sonntag eine nachweihnachtliche Bescherung. Weil die Geschäfte in der Hansestadt an diesem Tag geöffnet hatten, waren sie die Ersten, die von der jüngsten Aktion des Fachmarkts profitierten: Jeder zehnte Kunde, der tags zuvor bei Media Markt eingekauft hatte, erhielt sein Geld zurück. Noch bis Samstag verspricht der Elektronikhändler allen einen "Einkauf für umsonst", die einen Kassenbon mit derjenigen Endziffer vorlegen, die am Vorabend ausgelost wurde.

Media Markt, Foto: dpa/obs/Media Markt

Der Januar ist für Einzelhändler erfahrungsgemäß kein guter Monat - Media Markt verspricht bis Samstag allen einen "Einkauf für umsonst", die einen Kassenbon mit derjenigen Endziffer vorlegen, die am Vorabend ausgelost wurde.

(Foto: Foto: dpa/obs/Media Markt)

Bei Media Markt haben solche Kampagnen zu Jahresbeginn Tradition. Vor zwölf Monaten lockte die Kette mit einer "0-Prozent-Finanzierung über 30 Monate"; und zum Auftakt 2007 warb der Händler passend zur Steuererhöhung: "Wir zahlen 19 Prozent Mehrwertsteuer zurück".

Nervöse Einzelhändler allerorten

Anders als in der Vergangenheit ist der Ableger des größten deutschen Handelskonzerns Metro diesmal nur einer von vielen Händlern, die gleich im Januar mit kräftigen Rabatten Kunden in die Läden locken wollen. Saturn, das Schwesterunternehmen von Media Markt, verteilte am ersten Einkaufstag des neuen Jahres "Gutscheinkarten" über 15 Euro je 100- Euro-Einkaufsbon. Kaufhof verspricht in diesen Tagen "Geschenke geschenkt" und verkauft Saisonware für die Hälfte des zuvor verlangten Preises. Die Textilkette Sinn-Leffers setzt bei den bereits im Dezember herabgesetzten Preisen noch einmal den Rotstift an, und C&A gibt bis Mittwoch "20 Prozent Rabatt auf alles!", auch auf bereits reduzierte Ware.

Diese und andere Aktionen zeigen, wie groß die Nervosität im Einzelhandel ist. Nach einem Weihnachtsgeschäft, das nur wenige Ladenbetreiber zufriedengestellt hat, geht es jetzt darum, die Lager zu räumen und Liquidität zu beschaffen. Schließlich muss neue Ware bezahlt werden, und über große Reserven verfügen nur wenige Händler.

Verbraucher halten Geld zusammen

Aber zu Beginn eines Jahres lassen sich die Verbraucher nur schwer aus der Reserve locken. Nach üppigen Einkäufen in der Adventszeit halten die meisten die Geldbörsen zunächst einmal geschlossen. Deshalb gehört der Januar für den Einzelhandel traditionell zu den umsatzschwächsten Monaten. Auch beim weiteren Blick ins Jahr wird manchen Ladenbetreibern angst und bange. Denn sie wissen: Sollte die Zahl der Arbeitslosen, wie von vielen Fachleuten befürchtet, deutlich steigen, werden sie weniger verkaufen.

Die Erfahrung lehrt, dass jeder, der seinen Job verliert, zwei bis drei Menschen in seinem Umfeld die Konsumlaune verdirbt, weil diese dann selber um ihre Arbeitsplätze bangen und ihr Geld lieber sparen. Das ist auch der Grund, weshalb der Handelsverband Deutschland (HDE) befürchtet, dass es den Ladenbetreibern auch bei einer leichten gesamtwirtschaftlichen Erholung kaum besser gehen wird. Viele Händler sind jedoch schon im vergangenen Jahr nur eben über die Runden gekommen. Deshalb wird es 2010 mehr Insolvenzen im Einzelhandel geben als im Durchschnitt der vergangenen Jahre, als jeweils etwa 3500 Firmen in Zahlungsnöte gerieten. So spektakuläre Fälle wie zuletzt Karstadt, Quelle und Woolworth werden aber voraussichtlich nicht dabei sein.

Für die Verbraucher haben die Nöte der Händler ihr Gutes. Sie können sicher sein, dass die Rabattaktionen in diesen Tagen nur der Auftakt zu heftigen Preiskämpfen im weiteren Jahresverlauf sind. Etwa im Modehandel, wo bereits seit November ein "Sale" nach dem anderen ausgerufen wird. Oder unter den Verkäufern von Möbeln, die derzeit auch mit "0-Prozent-Finanzierungen" über mehrere Jahre kaum noch Kunden in ihre Läden locken. Und bei Lebensmitteln wird der harte Wettbewerb unter den Discountern dafür sorgen, dass die Preise niedrig bleiben.

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