Hannover (dpa/lni) - Pläne des Lebensmitteleinzelhandels, Weidemilch unter der Haltungsstufe 3 statt 4 zu verkaufen, haben Landesregierung, Landwirtschafts- und Umweltorganisationen in Niedersachsen alarmiert. „Wir sind in großer Sorge um die Zukunft der Weidetierhaltung“, sagte am Donnerstag Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) in Hannover. Sollten die Pläne umgesetzt werden, würde die aufwendiger produzierte Weidemilch zum Preis der Milch aus Laufstallhaltung oder Offenstallhaltung verkauft werden. Für Landwirte würde sich damit die teurere, aber aus ökologischen und aus Gründen des Tierwohls gewünschte Weidetierhaltung nicht mehr lohnen.
Künftig soll es fünf statt vier Haltungsform-Kennzeichnungen auf Verpackungen für tierische Erzeugnisse geben. Die bislang vierte Stufe soll aufgeteilt werden; Bioprodukte sollen eine eigene Haltungsstufe 5 bekommen. Laut Ministerium sollen die Änderungen im Sommer 2024 in Kraft treten. „Die Weidehaltung nun lediglich der neuen Stufe 3 zuzuordnen, ist ein völlig falsches Signal und erreicht das Gegenteil von dem, was gesellschaftlich gewollt ist, nämlich dass weniger Tiere auf der Wiese stehen werden“, sagte die Ministerin. Laut Staudte stehen die meisten Weidekühe im Bundesvergleich in Niedersachsen.
Der Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft (AbL) Niedersachsen/Bremen, Ottmar Ilchmann, sprach von einem „Sargnagel für die Weidetierhaltung“ in Niedersachsen.
Weidetierhaltung sei die artgemäße Haltungsform von Rindern und werde von der Gesellschaft gewünscht, sagte eine Vertreterin der Tierschutzorganisation Provieh. Eine Vertreterin der Umweltorganisation Greenpeace betonte die Bedeutung der Weidehaltung für den Artenschutz. Sie sei für die Umsetzung des Staatsziels Tierschutz unerlässlich. Die Pläne des Handels führten dazu, dass Milch aus der „richtungsweisenden“ Weidehaltung zu einem Nischenprodukt verkomme.
Auf einen gemeinsamen Brief des Bündnisses von Landwirtschaftsministerium, Landwirtschafts- und Unweltorganisationen an die Adresse des Handels habe es bislang nur die Antwort gegeben, dass man sich bei einer Klausur mit dem Thema beschäftigen wolle, sagte Staudte. Das Bündnis fordert die Einordnung in die Stufe 4. Damit könnte der Mehraufwand zielgerichtet und angemessen entlohnt werden.
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