Einzelhandel:Kreativ an der Kasse

Lesezeit: 2 min

(Foto: N/A)

Krapfen, Crossover, QR-Codes: Einige Bäcker werden dank der Bonpflicht nicht nur erfinderisch, sondern sogar richtig modern.

Von Michael Kläsgen, München

Soll noch einer behaupten, deutsche Bäcker seien nicht so kreativ. Voriges Jahr erfand ein Bäckermeister aus Miesbach den Leberkäs-Krapfen. Eine oberbayerische Crossover-Kreation aus Fleisch und Johannisbeermarmelade im Berliner. Die will dieses Jahr ein Geselle aus dem niederbayerischen Frontenhausen toppen. Richtig, das ist der Ort, an dem die Eberhofer-Krimis "Sauerkrautkoma" und "Schweinskopf al dente" gedreht wurden. Weil Schrägsein offenbar verpflichtet, rühmt sich der Ort jetzt noch, Geburtsstätte des Goaßmaß-Krapfens zu sein. Für Nichtniederbayern: Die Goaßmaß ist ein Mischgetränk aus Bier, Cola und Kirschlikör, ersatzweise auch Cognac. Hicks.

Manche Bäcker machen nicht nur die närrischen Tage an Fasching erfinderisch, sondern auch die Not. Ein Meister seiner Zunft aus Moosinning serviert seine Krapfen seit ein paar Tagen mit einer eingebackenen Quittung aus Zucker. Damit begehrt er vergleichsweise originell gegen die seit Jahresanfang geltende Pflicht auf, jedem Kunden einen Bon reichen zu müssen. Die "Bonausgabepflicht" ist Teil eines Gesetzespakets, mit dem die Bundesregierung gegen die Steuerhinterziehungen an der Ladenkasse vorgehen will - nicht nur bei Bäckern, auch bei Friseuren, Wirten, Imbissverkäufern und vielen anderen. Mindestens zehn Milliarden Euro, manche sprechen von 50 Milliarden Euro und mehr, entgehen dem Staat so jährlich wegen der, nun ja, Mogelei an der Kasse.

Nun ist es aber nicht so, dass die Bäcker ihrer Kreativität allein handwerklich freien Lauf ließen. Manchen von ihnen streben auch der Moderne entgegen. Sie suchen in ihrer Not nach digitalen Lösungen, um dieses Problem mit den Bons und der Steuer loszuwerden. In Niedersachsen verteilen einzelne Bäcker nunmehr, man höre und staune, keine papierenen Zettel mehr, sondern sie erstellen E-Bons.

Mehr als 30 Filialen sollen dabei sein, sogenannte QR-Codes, quadratische Picksel-Kreationen, an der Kasse zu erstellen. Diese können die Papierbons ganz ersetzen. Denn den QR-Code können Kunden, wenn diese es wollen, mit ihrem Handy scannen. Sie müssen das nicht tun. Verpflichtend ist nur die Bonausgabe, nicht die Bonannahme. Steuerprüfer sehen im QR-Code ein geeignetes Mittel, um die Gemüter beim Streit um die Bonpflicht zu beruhigen. Mithilfe des Codes könnte die Zettelwirtschaft ganz entfallen oder die Quittungen kürzer werden. Denn der QR-Code muss nicht unbedingt gescannt werden.

Wer eine Registrierkasse betreibt, kann ihn auch ausdrucken. Da der Code normalerweise - verschlüsselt und komprimiert - alle für die Steuer relevanten Angaben enthält, verkürzt sich dank ihm der ausgedruckte Bon. So sparen die Kassenbetreiber Papierrollen, und es fällt weniger Papiermüll an, womit der Umwelt gedient ist.

In vielen Ländern sind E-Bons längst Usus. Hierzulande führte die Drogeriemarktkette dm sie 2012 ein. Durchgesetzt haben sie sich nicht. Vielleicht, weil die Händler ihre Kreativität eher bei Leberkäs und Likör ausleben - oder die E-Bons Betrug erschweren.

© SZ vom 03.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: