Einzelhandel - Berlin:Pandemie lässt in kommenden Jahren mehr Leerstand erwarten

Berlin
Ein leeres Ladengeschäft in der Innenstadt wurde mit Folie beklebt. Foto: Stella Venohr/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Potsdam (dpa/bb) - Enny's Salon im Potsdamer Stadtteil Babelsberg hat es nicht überlebt. Die Corona-Pandemie hat dem kleinen Stoffladen mit integriertem Café das Aus beschert. "Wir mussten im April schließen", sagte Tom Ehnert, der gemeinsam mit seiner Frau Rita das Geschäft betrieben hatte. Der Laden in der Karl-Liebknecht-Straße steht seitdem leer. Auch auf der anderen Straßenseite verbergen sich leere Räume hinter spiegelnden Fensterscheiben.

Ladensterben, also die meist strukturbedingte Geschäftsaufgabe von Ladengeschäften sowie stationären Einzelhändlern, ist nach Angaben des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg ein landesweites Problem, welches nicht erst durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurde, aber dadurch noch einmal verstärkt worden ist. "Das ist ein sukzessiver Prozess, der sich in den nächsten zwei bis drei Jahren weiter fortsetzen wird", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer beim Verband, Günter Päts, der dpa. "Die Corona-Pandemie hat das Problem noch verstärkt." Der Online-Handel ziehe vielen Läden die Kunden ab. "Viele haben ihre Altersvorsorge schon aufgelöst, um über die Runden zu kommen."

Ein weiteres Problem sei auch, dass viele Inhaber, die sich nach der Wende mit einem Geschäft selbstständig gemacht hätten, nun das Rentenalter erreichten und keinen Nachfolger fänden. So wisse Päts von einigen Beispielen, bei denen es zunächst Nachfolger für Läden gegeben habe, die dann jedoch wieder abgesprungen seien, weil die Corona-Pandemie zu viel Unsicherheit mit sich gebracht habe. Päts plädiert dafür, Geschäfte in einigen Städten auch am Sonntag zu öffnen. "Städte wie Potsdam profitieren von Touristen. Das ist der umsatzstärkste Tag." Projekte zur Förderung attraktiverer Innenstädte und Zusammenschlüsse, um die Orte lebendiger zu gestalten, nützten aus Sicht von Päts nur wenig.

Ladensterben sei nicht nur ein Problem der kleinen Städte, so Päts. Es betreffe sämtliche Innenstädte, auch die großen wie Potsdam. Nach Angaben der Potsdamer Stadtverwaltung liegt der Leerstand in der Innenstadt bei etwa zehn bis zwölf Prozent - und damit im bundesweiten Durchschnitt vor der Pandemie. "Er hat in den vergangenen beiden Pandemiejahren leicht, aber sichtbar zugenommen", so Stadtsprecher Markus Klier.

Die Anfragen bei der Wirtschaftsförderung für Flächen seien aber nicht gesunken. Auch in den Jahren 2020 und 2021 habe es laut der Stadt Neuansiedlungen sowie Geschäftserweiterungen in der Innenstadt gegeben. Es gebe aber eine "festzustellende zögerliche Haltung bei Mietinteressenten für neue Vertragsabschlüsse in diesen unsicheren Zeiten", so Klier. Um die Attraktivität der Potsdamer Innenstadt zu erhöhen, unterstütze die Stadt Aktionen und Veranstaltungen finanziell.

Um leeren Innenstädten entgegenzuwirken, lassen sich die Städte in Brandenburg etwas einfallen. In der Kreisstadt Seelow im Landkreis Märkisch-Oderland können Fußgängerinnen und Fußgänger zum Beispiel auf Bildschirmen, verteilt über die Innenstadt, Veranstaltungen wie eine Modenschau anschauen. Mit dem Projekt "Stadt Neu Denken - Zukunft Leben" gewann die Kreisstadt den ersten Platz bei der "CityOffensive 2021" in der Kategorie Kampagne, einem Wettbewerb für Projekte zur Belebung und Aufwertung von Innenstädten in der Region. Die Stadt Prenzau (Uckermark) will mit Kunstprojekten aus den Klassenzimmern die Schaufenster der Geschäfte verschönern und Menschen in die Innenstadt locken.

© dpa-infocom, dpa:211204-99-252163/2

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