Steuern:So sollen Steuerzahler profitieren

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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will steuerpflichtige Bürgerinnen und Bürger im kommenden Jahr stärker als geplant entlasten. (Foto: Tobias Schwarz/dpa)

Die hohe Inflation belastet jeden Steuerzahler bis Ende 2023 zusätzlich mit durchschnittlich 1170 Euro. Der Finanzminister will jetzt Abhilfe schaffen.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Die hohe Inflation wird die Einkommensteuerzahler in Deutschland dieses und nächstes Jahr zusätzlich mit insgesamt gut 41 Milliarden Euro belasten. Das geht aus dem alle zwei Jahre erscheinenden Steuerprogressionsbericht der Bundesregierung hervor, der kommende Woche vom Kabinett beraten werden soll und der SZ vorliegt. Je Betroffenem entspricht das einem Betrag von durchschnittlich fast 1170 Euro, der allein auf die sogenannte kalte Progression zurückzuführen ist. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat allerdings bereits angekündigt, dass er den Bürgerinnen und Bürgern neben den immens gestiegenen Lebenshaltungskosten nicht auch noch höhere Zahlungen an das Finanzamt zumuten will. Deshalb soll der Inflationseffekt durch Änderungen am Steuertarif vollständig kompensiert werden.

Von kalter Progression spricht man, wenn Beschäftigte nach einer Gehaltserhöhung mehr Steuern zahlen müssen, obwohl sich ihre Kaufkraft wegen der Inflation gar nicht erhöht hat oder sogar gesunken ist. Das Problem ist besonders gravierend, wenn die Preise wie derzeit deutlich stärker steigen als die Löhne, das Realeinkommen also schrumpft.

Die einzelnen Steuersätze sollen zukünftig erst bei höheren Beträgen greifen

Laut Progressionsbericht wird der Effekt Bund, Ländern und Gemeinden in diesem Jahr knapp 23,4 Milliarden und 2023 gut 21,5 Milliarden Euro in die Kassen spülen. Umgerechnet auf die 35,5 Millionen Steuerpflichtigen im Land sind das pro Kopf insgesamt 1265 Euro. Dabei gehen die Experten des Finanzministeriums davon aus, dass die Verbraucherpreise 2022 um durchschnittlich 7,2 und um Folgejahr um 6,3 Prozent steigen werden. Da bereits einige kleinere Entlastungen beschlossen sind, bleiben unter dem Strich für beide Jahre Mehreinnahmen des Staats von etwa 41,4 Milliarden Euro übrig. Dazu trägt jeder Bürger im Schnitt knapp 1170 Euro bei.

Um die Steuerpflichtigen gemäß ihren individuellen Zusatzkosten zu entlasten, will Lindner die Eckwerte des gesamten Einkommensteuertarifs nach rechts verschieben. Die einzelnen, mit wachsendem Einkommen sukzessive steigenden Steuersätze würden dann künftig jeweils erst ab einem höheren Betrag greifen als bisher. Zu Wochenbeginn war bereits bekanntgeworden, dass der steuerliche Grundfreibetrag für Erwachsene mit Beginn des kommenden Jahres von 10 347 auf 10 908 Euro und der Kinderfreibetrag von 5620 auf 6024 Euro steigen soll. Inklusive Erziehungsfreibetrag kann eine vierköpfige Familie 2023 damit also 38 912 Euro verdienen, ohne einen Cent Einkommensteuer zahlen zu müssen. Erst der erste Euro oberhalb dieses Existenzminimums wird mit dem Eingangssteuersatz von 14 Prozent belegt.

Lindner kündigte im Kurzmitteilungsdienst Twitter an, er wolle die Belastungen der kalten Progression vollständig ausgleichen. "Der Staat darf nicht Profiteur der Inflation sein. Es ist eine Frage der Fairness - die arbeitende Mitte sollte keine Steuererhöhungen durch die Hintertür erdulden müssen", schrieb er. Mittelfristig strebt der Minister einen automatischen Inflationsausgleich an, von Fachleuten "Tarif auf Rädern" genannt. Dabei verschieben sich die Einkommensgrenzen, ab der die einzelnen Steuersätze gelten, automatisch um die Höhe der Inflationsrate nach oben. Das Problem der kalten Progression entsteht so gar nicht erst. Allerdings müssen neben dem Bundestag auch die Bundesländer sämtlichen Plänen Lindners noch zustimmen.

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