Süddeutsche Zeitung

Einkommensstudie:Kampf gegen die Kluft

Die Beamten sind die heimlichen Reichen der Republik, doch die Schelte hilft nicht weiter. Um die Spaltung der Gesellschaft zu mindern, muss der Staat vor allem in Bildung investieren.

Ulrich Schäfer

Die Beamten, so lehrt uns die neueste Vermögensstudie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, sind also die heimlichen Reichen in Deutschland. Dies ist eine Botschaft, die - gelinde gesagt - überrascht: Denn unter Deutschlands Milliardären, Multimillionären und normalen Millionären finden sich nicht allzu viele Beamte.

Vielleicht gelingt es dem ein oder anderen Professor, ein Millionenvermögen anzuhäufen, oder einem Beamten, der eine Erbschaft gemacht hat. Der normale Lehrer, Polizist oder Justizvollzugsbeamte, die Sozialarbeiterin, Postbeamtin oder Richterin dürfte sich nicht als sonderlich wohlhabend fühlen. In den reichen Gegenden Deutschlands dominieren stattdessen Selbständige, Unternehmer und Banker.

Das DIW kommt zu seiner Erkenntnis, indem es zum Geld- und Sachvermögen der Deutschen erstmals auch deren Altersvorsorge hinzuzählt. Und die Ansprüche der Beamten sind nun mal deutlich höher als bei normalen Angestellten. Dies ist ein ernstes, seit Jahren bekanntes Problem im System der deutschen Altersvorsorge. Aber den Beamten nützt dieser Vorteil während ihres Berufslebens relativ wenig: Solange sie nicht in Pension gehen, sind ihre Pensionsansprüche ein eher virtuelles Vermögen.

Insofern hilft die Beamten-Schelte des DIW auch nicht sonderlich weiter, wenn es darum geht, die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich zu überwinden. Um die Spaltung der Gesellschaft zu mindern, muss der Staat vor allem in Bildung investieren, in Kindergärten und Schulen und so die Aufstiegschancen der sozial Schwachen verbessern. Eine Reform der Beamtenpensionen, so nötig sie auch sein mag, wird an der Ungleichheit in Deutschland dagegen wenig ändern.

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Quelle:
SZ vom 19.01.2010
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