Einkaufstourismus in Freiburg:Aufpreis für Schweizer

Aufschlag für Schweizer Kunden in Freiburg

Michael Plietzsch in seinem Antiquariat in Freiburg

(Foto: dpa)

Wer Schweizer ist, zahlt 20 Prozent mehr. Der Freiburger Antiquar Michael Plietzsch erhöht die Preise, um eidgenössische Einkaufstouristen abzuschrecken. Als Fremdenfeind sieht er sich nicht - eher als Kämpfer gegen die Gier.

Interview von Jakob Schulz

Herr Plietzsch, Ihr Antiquariat in Freiburg ist seit neuestem deutschlandweit bekannt. Sie haben an die Tür einen Zettel gehängt. 20 Prozent Aufschlag verlangen Sie von Kunden aus der Schweiz. Warum?

Ich verkaufe in meinem Antiquariat keine reproduzierbaren Gegenstände wie Lebensmittel, sondern Unikate, Kulturgegenstände. Da hatte ich besonders in der letzten Zeit den Eindruck, dass auch solche Leute Kulturgegenstände kaufen, die zum Beispiel wertvolle Fotos aus dem 19. Jahrhundert einfach nur als Wertanlage sehen. Es geht gar nicht mehr darum, dass sie die Bilder schön finden oder ästhetischen Gefallen daran finden. Sie nutzen einfach die Chance, jetzt 20 Prozent günstiger an Kunst, an nicht reproduzierbare kulturelle Gegenstände zu kommen.

Hintergrund ist eine Entscheidung der Schweizer Nationalbank. Der Kurs des Franken zum Euro ist nicht mehr fixiert, die Schweizer können jetzt viel günstiger in Euro einkaufen.

Die Entscheidung der Zentralbank war der letzte Mosaikstein. Aber schon davor war ich mit jeglicher Form von Gier und Schnäppchenmentalität nicht einverstanden. Ich handle mit antiquarischen Büchern. Da wurde immer wieder versucht, zu handeln. Seit der Freigabe der Wechselkurse war ich dann häufiger mit Schweizer Kunden konfrontiert, die zum Beispiel wertvolle Gegenstände kauften, weil sie für sie deutlich billiger waren als vorher.

Das waren also Kunden, die dann gleich stapelweise eingekauft haben?

Mein Laden ist nur acht Quadratmeter groß, da kann man nicht stapelweise Sachen kaufen. Ich habe sicherlich das kleinste Antiquariat in Freiburg. Es war aber wirklich auffällig, dass einige Kunden wegen des günstigen Wechselkurses bei mir sehr günstig eingekauft haben. In ganz Freiburg gibt es heute Einkaufstourismus. Auf dem Markt hört man verstärkt, dass Schweizer dort einkaufen und große Mengen Waren kaufen. Dazu kommt ja dann auch noch die Erstattung der Mehrwertsteuer. Die Schweizer kaufen hier etwas, stellen sich an der Grenze dann an und bekommen die Mehrwertsteuer zurück, sparen also nochmal 20 Prozent.

Sie wollen ihre Bücher also nicht einfach als Wertanlage sehen?

Genau so ist es. Das ist eine sehr individuelle Entscheidung meinerseits. Ich habe nichts gegen Schweizer, ich habe nur etwas gegen diese Schnäppchenjäger-Haltung. Dass es nun die Schweizer trifft, liegt nur daran, dass wir in unserer Grenzregion mit diesen Währungsunterschieden konfrontiert sind.

Ungläubige Reaktionen

Vor knapp zwei Wochen haben Sie dann per Aushang verkündet, von Schweizer Kunden künftig 20 Prozent mehr zu verlangen. Wie waren die Reaktionen?

Viele Kunden waren ungläubig. Etwa 60 Prozent der Schweizer Kunden lehnen meine Aktion ab, 40 Prozent finden sie in Ordnung. Bei deutschen Kunden sind die Meinungen geteilt. Im Netz ist der negative Ansturm dagegen enorm. Pro Tag bekomme ich an die 100 Mails und werde in die verschiedensten politischen Ecken gestellt. Ich bin aber kein Rassist, ich habe gegen niemanden etwas. Ich habe nur etwas gegen Gier und Schnäppchenjäger.

Aber darf man deshalb Menschen anderer Herkunft so pauschal diskriminieren?

Diesen Einwand verstehe ich. Aber ich lasse mir ja keine Personalausweise zeigen. Kein Kunde muss bei mir den Aufschlag zahlen. Diese Aktion richtet sich gegen niemanden als Person. Der Zettel ist ein Symbol gegen Gier und Schnäppchenjäger-Mentalität. Das Sujet, mit dem ich arbeite, sind alte Bücher, Kunst. Das ist was anderes, als wenn ich eine Kiste Cola kaufe.

Aber dann müssten Sie doch Ihre Kunden fragen: "Kaufen Sie das, weil sie Kunstliebhaber sind? Oder kaufen Sie es, weil Sie sich davon Gewinne versprechen?"

Ja, diese Frage könnte ich stellen. Aber ich will mit meinen Kunden auch nicht diskutieren. Ich will vor allem in meinem Laden nicht die Leute haben, die handeln und diese Einstellung vertreten. Und das nehme ich mir als Ladeninhaber auch heraus. Dieser Zettel an der Ladentür ist ein Symbol. Das verstehen viele Menschen nicht und nehmen das sehr persönlich.

Wenn Sie 20 Prozent mehr einnehmen, müssten Sie das doch eigentlich den Schweizer Buchhändlern spenden, weil die wegen des Einkauftourismus' einen Verlust erleiden.

Das habe ich mir auch überlegt. Ich möchte mich damit ja nicht bereichern. Alle Mehreinnahmen spende ich an eine Einrichtung für geistig behinderte Menschen. Das Geld bleibt nicht in meinem Portemonnaie, ich möchte damit nur auf die angesprochenen Probleme hinweisen.

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