Einbruch:Am Ende hilft nur der Türriegel

Einbrüche in NRW

Mit digitaler Technik versehene Türen schicken Bilder, wenn sich jemand an ihnen zu schaffen macht.

(Foto: Nicolas Armer/dpa)

Die Haustüre verschickt Bilder, sobald sich ein Dieb zu schaffen macht, die Handy-App schlägt Alarm - vom Geschäft mit dem digital vernetzten Haus wollen jetzt auch Versicherer profitieren. Was Verbraucher davon haben.

Von Anna Gentrup und Herbert Fromme, Köln

Die Zahl der Wohnungseinbrüche steigt zwar nicht mehr, die gefühlte Unsicherheit nimmt aber zu. Vollendete und versuchte Einbrüche sind immer öfter Gesprächsgegenstand. Fast jeder kennt jemanden, der schon einmal betroffen war - oder war selbst Opfer. Da schlagen Kriminelle die Terrassentür ein und erbeuten Uhren, Schmuck und elektronische Geräte im Wert von mehreren tausend Euro. Dazu kommt der Sachschaden. Da versuchen Einbrecher eher amateurhaft, eine gut gesicherte Tür mit Schraubenziehern aufzuhebeln. Die Tür hält, muss aber für 2000 Euro ausgetauscht werden.

Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland ist 2015 zwar noch gestiegen. Für das Jahr meldet die Polizeistatistik 167 136 Fälle. Versicherer zahlten in dem Jahr mehr als 530 Millionen Euro für Einbruchschäden aus. Daten für 2016 gibt es noch nicht. Aber der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) prognostiziert für das Jahr leicht rückläufige Einbruchszahlen.

Dennoch: Langsam kommt auch in Deutschland ein Trend an, der in den USA schon sehr verbreitet ist. Digitale Haustechnik soll das Heim schützen. Mit Glasbruchsensoren, Überwachungskameras, Bewegungs-, Rauch- und Gasmeldern ausgestattet werden Haus oder Wohnung zur sicheren Festung - gesteuert und überwacht über eine Alarmzentrale, die ihrerseits mit einer App auf dem Smartphone kontrolliert wird. Über das Internet kann der Bewohner von überall auf der Welt sein Zuhause fernsteuern, die Stehlampe einschalten oder abends die Rollläden herunterlassen. Macht sich ein Eindringling am Haus zu schaffen, schlägt die App Alarm oder ruft direkt die Polizei. Ein Rauch- und Gasmelder, der bei Feuer automatisch die Feuerwehr ruft, gehört bald ebenso zum Angebot wie die "smarte Haustür", die Bilder verschickt, wenn sich jemand an ihr zu schaffen macht.

Reiche Leute haben schon lange Alarmanlagen in ihren Villen und Penthousewohnungen. Aber die kosten schnell mal Zehntausende Euro.

Experten sind skeptisch, ob die moderne Technik im Fall eines Einbruchs wirklich ausreicht

Die neuen, digitalen Systeme schaffen Sicherheit für einen Bruchteil des Preises, versprechen die Hersteller. Experten sind skeptisch, was die Effektivität der neuen Angebote im Ernstfall angeht.

Für die Versicherer ist das Smart Home trotzdem hochinteressant. Denn die Unternehmen wollen vom Prämiensammler und Schadenzahler zum Helfer im Alltag werden, und das möglichst digital. Das sichert ihnen den Kontakt zum Kunden. Deshalb bieten immer mehr Gesellschaften ihre Policen zusammen mit einem Technikpaket und der Aufschaltung auf einer Notfallzentrale an. Waren Einbrecher im Haus, schickt der Versicherer nicht nur den Schadenexperten, sondern organisiert auch den Glaser für das eingeschlagene Fenster.

Die Allianz kooperiert beim Thema Smart Home mit Panasonic, Konkurrent Axa hat sich mit der RWE-Tochter Innogy zusammengetan. Das Paket aus Zentraleinheit, Bewegungsmelder, Zwischenstecker und Rauchmelder kostet Axa-Kunden 199 Euro statt 280 Euro. Die Zurich kooperiert mit dem Sensorenhersteller Cocoon. Die Generali hat zusammen mit der Tochter Cosmos eine Vereinbarung mit Devolo. Die Alarmzentrale wird von der Schwestergesellschaft Europe Assistance gestellt.

Bisher sind die Angebote noch am Anfang. Die deutschen Versicherer haben 25,8 Millionen Hausratpolicen im Bestand, aber nur wenige tausend Kombiangebote mit Smart-Home-Elementen verkauft. Und die meisten geben dafür, dass Kunden sich digitale Anlagen anschaffen, keinen Rabatt auf die Prämie. "Dafür gibt es bei uns keine Preisnachlässe", sagt Moritz Titze, der bei der Axa die Sach- und Haftpflichtversicherungen leitet.

Die Branche setzt beim Einbruchschutz weiter auf Altbewährtes. Die neuen digitalen Systeme ersetzen Schloss und Riegel nicht, warnt sie. "Mechanische Sicherungen gehen vor", sagt GDV-Sprecherin Kathrin Jarosch.

Ein Smart-Home-System bietet nur ausreichend Schutz, wenn die Schwachstellen am Haus ausreichend mechanisch gesichert sind. "Das Ziel einbruchhemmender Maßnahmen muss sein, dass Einbrecher gar nicht erst ins Haus gelangen", sagt sie. Wenn der Bewegungsmelder im Wohnzimmer Alarm schlägt, ist es bereits zu spät - den Kriminellen bleibt genug Zeit für den Beutezug.

Deswegen fordern Versicherer bei Vertragsschluss grundlegende Einbruchssicherungen an Haus und Wohnung.

Außentüren brauchen ein bündiges Zylinderschloss mit einem Sicherheitsbeschlag, der von außen nicht abzuschrauben ist. Fenster und Terrassentüren sollten mit Pilzkopfzapfenverriegelungen, Zusatzschlössern oder Hebe- und Schiebesicherungen geschützt sein.

Langfristig ist es allerdings wahrscheinlich, dass eine immer ausgefeiltere digitale Haustechnik auch die Versicherungsprämien beeinflusst. "Wenn Wasserschadensysteme eingesetzt werden, gibt es natürlich weniger Wasserschäden", sagt Martin Schmidt-Schön von der Generali. Das werde sich auch auf die Prämien auswirken. Doch das sei für die Unternehmen kein Problem. "Schließlich sind wir als Versicherer für die Prävention."

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