Ein neuer Markt:Streaming-Dienste im Überblick

Spotify & Co. lösen Musik auf Datenträgern ab. In einem Bereich haben alle Anbieter noch großen Nachholbedarf.

Von Helmut Martin-Jung

Die Zeit war einfach reif: Die Musikbranche hatte endlich verstanden, dass ihre Zukunft digital sein und dass sie nur dann weiter gute Geschäfte machen würde, wenn sie auch gute digitale Angebote offerieren könnte. Außerdem hat fast jeder heute ein Smartphone - ideales Abspiel- und/oder Steuergerät für digital gespeicherte Musik. Dazu die Internet-Flatrates: Für zu Hause über Wlan schon länger verfügbar, gibt es mehr und mehr bezahlbare Datentarife, die es auch unterwegs erlauben, Musik aus dem Netz auf Handys zu streamen. Schließlich gibt des vernetzte Lautsprecher, viele davon sogar mit Sprachbedienung. Diese Faktoren, zusammen mit günstigen Flatrates der Streaming-Anbieter, haben einen regelrechten Boom ausgelöst. Vor allem Jüngere kaufen kaum noch Musik-Datenträger, sondern beziehen Musik als Datenstrom aus dem Netz. Der Verkauf von CDs geht seit Jahren ständig zurück.

Die größten Anbieter unter den Streaming-Portalen sind Spotify, Apple, Amazon und Deezer (ohne China). Unter den großen Vier bieten nur Spotify und Deezer auch eine werbefinanzierte Version an. Die enthält allerdings nicht alle Funktionen der kostenpflichtigen Varianten, dafür aber Werbung. Das macht klar, dass es das Ziel ist, Abonnenten zu gewinnen, die mehr Geld bringen, als Nutzer des werbefinanzierten Angebotes.

Beim kostenpflichtigen Dienst gefällt Spotify durch einfache Bedienung und durch soziale Funktionen, mit der Nutzer beispielsweise Playlisten teilen können. Spotify ist schon lange im Geschäft und führt den Markt klar an, macht allerdings noch Verlust. Im ersten Quartal dieses Jahres waren es 142 Millionen Euro - trotz mittlerweile mehr als 100 Millionen zahlender Kunden.

Beim Preis unterscheiden sich die Anbieter nicht sonderlich

Apple ist noch relativ neu im Streaming-Geschäft, erst im Jahr 2015 ging es los. Dank ihres geschlossenen Ökosystems gewannen die Kalifornier allerdings sehr schnell Marktanteile. 60 Millionen Menschen nutzen den Dienst inzwischen, der Konzern bietet eine dreimonatige kostenlose Testphase an, eine werbefinanzierte Nutzung ist nicht möglich. Zudem gibt es nur Radiosender, bei denen sich die Lieder aber nicht immer überspringen lassen.

Amazon stieg ins Streaming-Geschäft vor allem wegen seiner vernetzten Echo-Lautsprecher ein. Amazon bot zunächst zwei Millionen Stücke für Kunden ihres Prime-Programms an (Amazon Prime Music), dann auch einen vollwertigen Dienst mit 50 Millionen Stücken. Der Dienst lässt sich auf Computern, Tablets, Smartphones und einigen vernetzten Lautsprechern wiedergeben, Prime-Kunden erhalten etwas günstigere Abopreise. Die Musik lässt sich auch herunterladen, um sie offline zu hören, dazu sind aber immer Amazon-Apps notwendig.

Preislich gibt es zwischen den verschiedenen Diensten nicht allzu große Unterschiede: Ein Abonnement kostet meist knapp zehn Euro im Monat, für etwa 15 Euro gibt es Familien-Abos für bis zu sechs Mitglieder. Nachholbedarf haben alle Anbieter, wenn es darum geht, die Metadaten der Stücke zu verarbeiten. Bei Jazz-Alben zum Beispiel wäre interessant zu wissen, welche Musiker mitspielen, bei Klassik gibt es von vielen Werken unzählige Aufnahmen. Dabei eine gute oder auch nur eine gewünschte Aufnahme zu finden, ist oft schwer.

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