Ein Hoch im Wirtschaftstief:Verdrehte Autowelt

Der Abwrackmotor läuft heiß: Die Neuzulassungen für Autos in Deutschland steigen trotz Krise um 40 Prozent. Auf dem US-Automarkt scheint die Talsohle erreicht - aber nicht für GM.

Ein Anreiz, der wirkt: Die staatliche Abwrackprämie hat den Autoabsatz in Deutschland im Juni noch einmal kräftig angekurbelt. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stieg die Zahl der Neuzulassungen um 40 Prozent auf 427.000, wie der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) mitteilte.

Ein Hoch im Wirtschaftstief: Für jedes abgewrackte Schrottauto wird ein neues gekauft - mit staatlicher Prämie. Das kurbelt den Absatz in Deutschland auf ein Rekordniveau an.

Für jedes abgewrackte Schrottauto wird ein neues gekauft - mit staatlicher Prämie. Das kurbelt den Absatz in Deutschland auf ein Rekordniveau an.

(Foto: Foto: dpa)

Im gesamten ersten Halbjahr sei der Absatz damit um 26 Prozent auf 2,06 Millionen Fahrzeuge geklettert. Das übertreffe sogar den Neuzulassungsrekord aus dem Jahr 1999. Der VDIK erwartet aber, dass die Zuwächse in den kommenden Monaten nicht mehr die Rekordmarken des ersten Halbjahres erreichen werden.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) rechnet dank der Abwrackprämie in diesem Jahr mit einem Absatz von 3,5 Millionen Neuwagen in Deutschland. Dieser Wert komme auch dann zustande, wenn das zweite Halbjahr lediglich das Vorjahresniveau erreichen sollte. Zuvor war der VDA für das Gesamtjahr von einem Absatz von 3,1 Millionen Autos ausgegangen.

Die Zahlen zeigten insbesondere im Vergleich zum rückläufigen europäischen Markt, "wie erfolgreich diese Maßnahme des Konjunkturpakets II ist", erklärte der VDIK mit Blick auf die staatliche Umweltprämie. Nicht so rund läuft es in den USA: Dort schrumpfte der Markt im Jahresvergleich um 28 Prozent auf 860.000 verkaufte Neuwagen, wie der Marktforscher Autodata laut US-Medien errechnete.

USA: Licht am Ende des Tunnels

Auf dem arg gebeutelten US-Automarkt sehen erste Hersteller aber Licht am Ende des Tunnels. Ford konnte im Juni die Absatz-Talfahrt erstmals klar abbremsen und schob sich sogar wieder vor den lange überragenden japanischen Rivalen Toyota.

Dagegen bekamen General Motors (GM) und Chrysler die Folgen ihres Überlebenskampfes heftig zu spüren. Der mitten im Insolvenzverfahren steckende Konzern verkaufte im Juni fast 34 Prozent weniger Autos als ein Jahr zuvor. Insgesamt waren es 176.571 Stück.

Im gesamten ersten Halbjahr brach der Absatz der bisherigen Opel-Mutter um 41 Prozent ein. GM läuft zusätzlich die Zeit davon: Die US-Regierung setzte für die zur Rettung geplante weitgehende Verstaatlichung ein Ultimatum bis Ende kommender Woche. Ganz hart traf es erneut Porsche. Bei dem Sportwagenbauer stürzten die Nordamerika-Verkäufe im Juni um 62 Prozent auf nur noch 1072 Fahrzeuge.

Das Luxus-Segment hat auch in Deutschland zu kämpfen: Besonders gefragt waren hier Kleinwagen (plus 85 Prozent). Bei Wagen der oberen Mittelklasse und der Oberklasse verzeichneten die Autohersteller dagegen Rückgänge im zweistelligen Bereich.

Nach Berechnungen des VDIK wirkte die Abwrackprämie in den neuen Bundesländern besonders kräftig. Dort wuchs der Autoabsatz von Januar bis Juni um 49 Prozent, bei einem bundesweiten Plus von 26 Prozent. Stark zugelegt hat in diesem Zeitraum die Nachfrage von privater Seite. Dieser Markt sei im ersten Halbjahr um etwa 99 Prozent oder fast 650 000 Fahrzeuge gewachsen, berichtete der VDIK.

"Private Kunden haben das Vertrauen zurückgewonnen und ihr Interesse am Auto wieder entdeckt." Der gewerbliche Markt habe dagegen um mehr als 20 Prozent unter dem Vorjahresniveau gelegen.

Harte Zeiten für Nutzfahrzeughersteller

Unter der Wirtschaftskrise leiden momentan die Nutzfahrzeughersteller, die in Deutschland die schwächste erste Jahreshälfte seit der Wiedervereinigung hinter sich haben. Der Absatz fiel nach den Zahlen des VDIK zwischen Januar und Juni 2009 um 29 Prozent auf 121 000 Nutzfahrzeuge.

"Die Wirtschafts- und Exportkrise hat den Transportbereich derart hart getroffen, dass in Deutschland und weltweit die Aufträge für Nutzfahrzeuge storniert oder gar nicht erst erteilt worden sind", sagte VDIK-Präsident Volker Lange. In den ersten sechs Monaten 2008 hatte die Branche noch das beste Halbjahr seit der Wiedervereinigung erlebt.

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