Ein Fall für die Justiz:Verdächtiger Diamantenhändler

Der frühere Karstadt-Miteigentümer Beny Steinmetz gerät unter Druck - es geht um den Verdacht der Korruption.

Von Frederik Obermaier

Als der frühere Karstadt-Miteigentümer Beny Steinmetz in der israelischen Stadt Petach Tikwa vor den Richter tritt, lässt er keinen Zweifel: Er sei lediglich ein Berater für verschiedene Firmen gewesen. Er habe mit Sicherheit nichts Illegales im Zusammenhang mit Firmen getan, die seit längerer Zeit im Zentrum eines Korruptionsprozesses in Rumänien stehen, versichert Steinmetz im September 2017. Und genau das könnte dem umstrittenen Diamantenhändler nun zum Verhängnis werden. Daten, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen, legen nämlich nahe, dass Steinmetz nicht die ganze Wahrheit gesagt hat. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm in Rumänien - sollten die Behörden seiner habhaft werden - mehrere Jahre Haft.

Ein Fall für die Justiz: In dem rumänischen Kriminalfall geht es um fragwürdige Deals mit Grundstücken in Băneasa und nahe des Klosters Snagov.

In dem rumänischen Kriminalfall geht es um fragwürdige Deals mit Grundstücken in Băneasa und nahe des Klosters Snagov.

(Foto: Imago)

Steinmetz, 62, steht schon seit mehreren Jahren im Verdacht, dass es bei seinen Geschäften nicht immer ganz sauber zugehe und er sein Glück in Ländern suche, in denen die Korruption floriert. Ende der Neunzigerjahre galt er als einer der größten Einkäufer von Diamanten ausgerechnet aus Angola. Solche Diamanten werden oft unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut, mit ihrem Erlös Waffen finanziert.

Im westafrikanischen Staat Guinea wiederum wurde einem Konkurrenten von Steinmetz 2008 plötzlich das Recht entzogen, das wohl größte unerschlossene Eisenerzvorkommen der Welt abzubauen. Die Lizenz wurde stattdessen einem Steinmetz-Unternehmen zugeschlagen. Es bekam die lukrativen Schürfrechte aus Sicht von Experten damit so gut wie geschenkt - und das in einem Land, in dem sich viele Eltern und Kinder tageweise mit dem Essen abwechseln, weil es nicht für alle reicht. Das Steinmetz-Unternehmen soll sich lediglich zu Investitionen in Millionenhöhe in das Eisenerzfeld und dem Bau einer Eisenbahnlinie bereit erklärt haben.

BKA teilt Daten

Das Bundeskriminalamt (BKA) ist nach eigenen Angaben seit einiger Zeit im Besitz von Unterlagen der Kanzlei Mossack Fonseca, die im Zentrum der Panama Papers stand. Zur genauen Herkunft der Daten hat sich das BKA bislang nicht geäußert. Die SZ hat die Unterlagen nicht an Behörden weitergegeben, unter anderem um ihren Informanten zu schützen. Das BKA hat nach eigenen Angaben mehr als 2000 Fälle mit Deutschlandbezug in den Daten gefunden. "Es finden sich in den Daten auch zahlreiche Anhaltspunkte zu Taten in anderen Staaten. Unser Ziel ist es, die Strafverfolgung europaweit zu intensivieren", erklärte die Leiterin der BKA-Abteilung Schwere und Organisierte Kriminalität, Sabine Vogt. Vergangene Woche hatten sich die deutschen Fahnder in Wiesbaden deswegen mit Vertretern von insgesamt 17 Staaten getroffen, um ihnen ausgewählte Daten zu Personen aus ihren Ländern zu übergeben, die in den Unterlagen auftauchen. SZ

Der britische Independent schrieb in diesem Zusammenhang vom "korruptesten Deal des Jahrhunderts". Es gibt den Verdacht, dass guineische Beamte und eine Ehefrau des damals regierenden Präsidenten Lansana Conté über Briefkastenfirmen und mindestens einen Mittelsmann bestochen wurden. Die 2016 von der SZ veröffentlichen Panama Papers scheinen diesen Verdacht zu stützen. Bis heute dauern die Ermittlungen an; einige Monate nach der Veröffentlichung wurde Steinmetz in Israel vorübergehend festgenommen. Steinmetz selbst hat jegliche Bestechungsvorwürfe stets zurückgewiesen.

Seine Aussage 2017 vor dem israelischen Richter stand indes im Zusammenhang mit einem ganz anderen Fall: In Rumänien nämlich ist Steinmetz wegen Bildung einer kriminellen Organisation angeklagt - unter anderem zusammen mit einem Mitglied der rumänischen Königsfamilie sowie einem Wahlkampfberater der österreichischen Sozialdemokraten . Laut Ermittlungen der Antikorruptionsbehörde (DNA) soll Steinmetz Beihilfe zur Geldwäsche geleistet haben, um illegal an wertvolle Grundstücke zu gelangen. Gegen den israelischen Geschäftsmann wurde gar Haftbefehl erlassen, der jedoch später wieder aufgehoben wurde. Durch Bestechung von Beamten sollen nach Behördenangaben Grundstücke, die unter staatlicher Verwaltung standen, an das mitangeklagte Mitglied der Königsfamilie übertragen worden sein, obwohl dieser der Antikorruptionsbehörde zufolge gar keine Ansprüche nachweisen konnte. Demnach seien die Grundstücke weit unter Wert an eine Firma namens Reciplia verkauft worden - und auf Reciplia wurde Steinmetz im September 2017 vor Gericht angesprochen.

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Seine Antwort: Er sei lediglich ein Berater. Auch der SZ hatte er zuvor über seine Anwälte mitteilen lassen, dass er keine aktive Rolle gespielt habe. An den Geschehnissen, um die es vor dem rumänischen Gericht gehe, sei lediglich ein Unternehmen als Joint-Venture-Partner beteiligt gewesen, zu dem er selbst keine Verbindung habe. Er berate nur dessen Mutterunternehmen. Außerdem sei das gesamte Projekt durch eine Anwaltskanzlei geprüft und begleitet worden, und überhaupt habe die rumänische Justiz Probleme mit politischer Einflussnahme und Korruption.

Interne Unterlagen der Skandalkanzlei Mossack Fonseca, die der SZ im Nachgang der Panama Papers zugespielt wurden, legen jedoch nahe, dass Steinmetz mehr als ein nicht involvierter Berater war. In einer E-Mail an Mossack Fonseca, die etliche Steinmetz-Firmen verwaltet hat, ist nämlich die Rede von einer Reciplia. Viel mehr noch: Es handle sich um eine "Joint-Venture-Firma", die mehrere letztgültige Eigentümer habe - "von denen Herr Beny Steinmetz einer war". Der Mann, der dies im Januar 2017 schrieb, sollte es wissen: Er leitet die Firma BSG Real Estate in den Niederlanden - das BSG im Firmennamen steht für Beny Steinmetz Group. Auf SZ-Anfrage reagierte der Firmenmitarbeiter bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht.

Nun ist es das eine, Journalisten womöglich nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Verhängnisvoller könnte es in Rumänien werden: Sollten die rumänischen Richter zu dem Schluss kommen, dass Steinmetz nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte, könnte sich das im Falle einer Verurteilung im Strafmaß niederschlagen. Im schlimmsten Fall drohen Steinmetz mehrere Jahre Haft. Ein Ende des Gerichtsprozesses wird erst für kommendes Jahr erwartet.

Der Geschäftsmann selbst wolle sich nicht zu den Vorwürfen äußern, erklärte sein israelischer Anwalt gegenüber dem rumänischen Enthüllungsportal RISE Project, das zuerst über diesen Fall berichtet hatte. Die Kanzlei von Steinmetz' deutschem Anwalt Ralf Höcker, der zuletzt auch den türkischen Autokraten Recep Tayyip Erdoğan und AfD-Politiker vertreten hat, antwortete auf SZ-Anfragen mit mehreren Schreiben. Ihr Inhalt solle doch bitte bei der Berichterstattung berücksichtigt werden.

Unter anderem nehmen Steinmetz' Rechtsanwälte auch Stellung dazu, ob ihm die Firma Reciplia nun gehört oder nicht. Was genau sie dazu schreiben, dürfe die SZ aber nicht veröffentlichen - obwohl die Angaben zumindest aus Sicht der Anwälte ihren Mandanten entlasten. Nichtsdestotrotz: die Informationen seien nur für das "Hintergrundverständnis", schrieben die Steinmetz-Anwälte.

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