Ein Anruf bei ...:"Quelle hat mich belogen - eine Unverschämtheit"

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Ramsaran Kapoor füllte versehentlich eine Überweisung an Quelle falsch aus, schickte dem Konzern zu viel Geld - und wartet nun auf die Rückbuchung.

J. Boie

Natürlich war es Ramsaran Kapoors eigener Fehler, die Überweisung an Quelle falsch auszufüllen. Doch dass es so schwierig werden würde, Geld von dem Versandwaren-Handel zurückzubekommen, hatte der gebürtige Inder, der seit 20 Jahren in Deutschland lebt, nicht gedacht. Aber Quelle ist längst insolvent. Und Kapoors Geld ein kleiner Teil der großen Insolvenzmasse.

Kioskbesitzer Ramsaran Kapoor bekommt von Quelle noch 4985,64 Euro. (Foto: Foto: AP)

Ramsaran Kapoor: (zu einem Kunden) Drei Euro, bitte, danke. Danke Ihnen vielmals. Schönen Tag noch.

SZ: Herr Kapoor? Was machen Sie denn gerade?

Kapoor: Ich habe einen Kiosk im Ortsteil Hilgen von Burscheid bei Köln. Da verkaufe ich Lottoscheine, Zeitschriften, Zigaretten, Bücher, Schulbedarf und so.

SZ: Verstehe. Wie läuft das Geschäft?

Kapoor: Eigentlich nicht schlecht. Trotzdem muss ich mir mittlerweile Geld von Bekannten leihen. Sonst wäre mein Kiosk schon längst eingegangen.

SZ: Woher kommt die Misere?

Kapoor: Alles fing damit an, dass ich bei Quelle ein Paket mit Yu-Gi-Oh-Karten bestellt habe.

SZ: Was haben Sie bei Quelle bestellt?

Kapoor: Yu-Gi-Oh-Karten. Das ist Kinderspielzeug. Die Karten verkaufe ich in meinem Kiosk weiter. Kinder kaufen die, wenn sie eigentlich nur ein Schulheft holen sollen.

SZ: Ach so. Und was ging schief?

Kapoor: Also, das Paket kam und sollte 50,36 Euro kosten. Leider hab ich bei der Überweisung das Komma vergessen.

SZ: Sie haben 5036 Euro überwiesen?

Kapoor: Genau. Drei Tage später hab ich mir einen Kontoauszug geholt, dabei hab ich es bemerkt. Und gleich am nächsten Tag habe ich bei Quelle angerufen. Und dann hab ich einen Monat lang angerufen, jeden Tag. Und jeden Tag hieß es: "Sie bekommen das Geld zurück." Aber es kam nie - bis heute nicht!

SZ: Vermutlich sind Ihre 5036 Euro Teil der Insolvenzmasse geworden.

Kapoor: Das ist mir so egal! Wissen Sie, am 31. Mai, als ich das Geld überwiesen habe, war Quelle noch gar nicht insolvent. Was die mit mir machen, ist Betrug und Unterschlagung. Das ist mein Geld, und ich will es zurück! Und dass Quelle mich belogen hat, ist übrigens auch eine Unverschämtheit.

SZ: Wenn schon Quelle kein Verständnis für Sie zeigt - wie ist es mit den anderen Geschäftspartnern?

Kapoor: Ich kann sie kaum noch bezahlen, aber die verstehen das nicht. Die interessiert Quelle nicht, die wollen Geld von mir. Es ist Wirtschaftskrise! Keiner kann sich einen Ausfall leisten.

SZ: Na, ein bisschen ist das ja auch Ihre Schuld, mit dem falschen Komma.

Kapoor: Mag sein. Als Geschäftspartner jedenfalls sind die für mich gestorben. Denken Sie mal darüber nach, wie Quelle Sie behandelt, wenn Sie eine Rechnung nicht bezahlen oder einen Fehler machen. Da kommt dann direkt die Mahnung oder der Anwalt.

SZ: Haben Sie denn mittlerweile auch einen Anwalt?

Kapoor: Ja. Aber was soll der machen? Der kann auch nur Briefe schreiben, auf die dann keine Antworten kommen.

SZ: Machen Sie wenigstens mit den Yu-Gi-Oh-Karten Gewinn?

Kapoor: Noch nicht mal das! Es springen vielleicht zehn Prozent dabei raus.

© SZ vom 14.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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