Die geplante Übernahme des Air-Berlin-Ablegers Niki durch die Lufthansa ist geplatzt. Nachdem die EU-Kommission laut Lufthansa signalisiert hat, sie werde die Übernahme nicht bis zum 21. Dezember genehmigen, hat Deutschlands größte Fluggesellschaft ihr Angebot zurückgezogen. Um die unmittelbar drohende Insolvenz von Niki abzuwenden, versucht der Air-Berlin-Generalbevollmächtigte Frank Kebekus nun in Eile, das Unternehmen doch noch an den Konzern Thomas Cook zu verkaufen. Dessen Vorstand befasst sich nach SZ-Informationen am Mittwochnachmittag mit dem Thema, eine Entscheidung ist bislang noch nicht gefallen.
Die Bundresgierung rechnet dagegen fest mit einer Insolvenz sowie einer Einstellung des Flugbetriebs. "Alternative Käufer für Niki standen und stehen bis heute nicht zur Verfügung, trotz allerlei öffentlicher Ankündigungen und intensiven Bemühens des Generalbevollmächtigten von Air Berlin", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert "Insolvenz und Grounding von Niki sind jetzt die Folge."
Luftfahrt:Auf diesen Strecken will Easyjet gegen Lufthansa antreten
Die Billig-Airline will von Berlin-Tegel aus zu mehreren deutschen Zielen fliegen. Damit kehrt zumindest auf manchen Strecken der Wettbewerb zurück.
Bei einer Insolvenz der Air-Berlin-Tochter würden etwa 1000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren. Mehrere zehntausend Passagiere würden zudem stranden und mehrere hunderttausend Flugtickets ihre Gültigkeit verlieren. Die Start- und Landerechte der Fluggesellschaft an deutschen Flughäfen würden an den Flughafenkoordinator zurückfallen, der sie nach einem festgelegten Schlüssel an andere Interessenten verteilt.
Nach der Insolvenz von Air Berlin hatten zunächst mehrere Interessenten verbindliche Kaufangebote für die österreichische Air-Berlin-Tochtergesellschaft Niki abgegeben, darunter Thomas Cook, die British-Airways-Muttergesellschaft International Airlines Group (IAG) und eben die Lufthansa. Weil sie das höchste Angebot abgab, entschieden sich Kebekus und die Gläubiger für letztere, obwohl die EU-Kommission schon damals durchblicken ließ, dass sie Bedenken an der Übernahme habe. Sie befürchtete, dass Lufthansa zusammen mit Niki eine marktbeherrschende Stellung im deutschen Luftverkehrsmarkt erlangen könnte.
Lufthansa verfolgte die Übernahme von Niki sowie der deutschen Regionalgesellschaft LGW aber weiter und versuchte, die Kommission durch Zugeständnisse dazu bewegen, das Vorhaben im Schnellverfahren zu genehmigen. Am Kaufangebot von LGW will Lufthansa festhalten.
Die größte deutsche Airline finanziert derzeit den Flugbetrieb von Niki mit rund zehn Millionen Euro pro Woche. Konzernchef Carsten Spohr hatte zuletzt deutlich gemacht, dass er nicht bereit sei, Niki auch für den Zeitraum einer detaillierten Prüfung durch die EU-Kommission zu finanzieren. Diese tiefergehende Untersuchung hätte 90 Arbeitstage gedauert - und wäre für Lufthansa mit zusätzlichen Kosten von mehr als 200 Millionen Euro verbunden gewesen.
Ob der Bund jetzt noch sein Geld zurückbekommt, ist fraglicher denn je
Die gescheiterte Übernahme ist auch politisch brisant, weil nun fraglicher denn je ist, ob Air Berlin den Überbrückungskredit der Bundesregierung in Höhe von 150 Millionen Euro jemals zurückzahlen kann. Dieser sollte aus dem Verkaufserlös von Niki und LGW bezahlt werden - dem Vernehmen nach war aber nur das Lufthansa-Angebot dafür hoch genug. "Durch den unerwarteten Ausfall der Erlöse aus dem Niki-Verkauf kann der vom Bund verbürgte Kredit der KfW an Air Berlin möglicherweise nur zum Teil zurückgezahlt werden", erklärte die Bundesregierung.
Schafft es Air-Berlin-Sachwalter Kebekus, Thomas Cook als neuen Käufer für Niki zu gewinnen, gilt immerhin die wettbewerbsrechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission als sicher. Die Behörde hatte schon am Dienstag einen Teilverkauf von Air Berlin an EasyJet ohne Auflagen erlaubt.
Niki betreibt derzeit rund 20 Maschinen des Typs Airbus A321 auf Strecken von Deutschland zu europäischen Ferienzielen. Darüber hinaus mietet Niki noch sieben TUIfly-Jets. Lufthansa hätte die Airline bei ihrem Billigableger Eurowings integriert. Für Thomas Cook böte Niki die Möglichkeit, Condor mit einer kostengünstigen Plattform stark wachsen zu lassen und damit bessere Chancen im Wettbewerb mit der viel größeren Eurowings zu haben.