Medikamente:EuGH kippt Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente

Aufklärung über Antibiotika

Ein Medikamentenregal in einer Apotheke

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass die deutsche Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente gegen EU-Recht verstößt.
  • Die Regelung könne Anbietern aus anderen EU-Ländern den Zugang zum deutschen Markt erschweren.
  • Apotheker sehen nun ihr Geschäftsmodell gefährdet. Ein flächendeckendes Netz von Apotheken könne so nicht mehr gewährleistet werden.

Egal ob in einer Apotheke in München, Berlin oder Flensburg: Bislang konnten sich Patienten darauf verlassen, dass verschreibungspflichtige Medikamente in jeder Apotheke in Deutschland gleich viel kosten. Dafür sorgte die sogenannte Medikamenten-Preisbindung. Doch nun bringt der Europäische Gerichtshof (EuGH) dieses System zum Wanken.

Das Gericht entschied am Mittwoch, dass die Preisbindung nicht mit dem freien Warenverkehr in Europa vereinbar ist und daher gegen EU-Recht verstößt. Die Regelung könne demnach Anbietern aus anderen EU-Ländern den Zugang zum deutschen Markt erschweren. Grundsätzlich könne zwar eine Beschränkung des freien Warenverkehrs mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens gerechtfertigt werden. Doch die Preisbindung sei das falsche Argument, urteilten die Luxemburger Richter.

In dem am Mittwoch am EuGH verhandelten Fall ging es um eine Kooperation zwischen der Organisation Deutsche Parkinson Vereinigung und der niederländischen Versandapotheke DocMorris. Die Organisation hatte für ihre Mitglieder bei der Apotheke ein Bonussystem für rezeptpflichtige Parkinson-Medikamente ausgehandelt. Nach Ansicht der Deutschen Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs verstieß das jedoch gegen nationales Recht.

Apotheker sehen Wettbewerbsbedingungen in Gefahr

Pharmaunternehmen in Deutschland können bislang selbst festlegen, zu welchen Preisen sie Arzneimittel an Apotheken und Großhändler verkaufen. Die Apotheken erheben dann auf ihre Einkaufspreise gesetzlich festgeschriebene Aufpreise. Für rezeptpflichtige Medikamente beträgt der Zuschlag immer drei Prozent des Einkaufspreises. Zusätzlich dürfen Apotheken eine Pauschale von 8,10 Euro pro Packung berechnen.

Das deutsche System der Preisbindung soll nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums sicherstellen, dass Medikamente nicht zu teuer werden und somit die Krankenkassenbeiträge bezahlbar bleiben. Außerdem sollen gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Apotheken gelten, um ein flächendeckendes Apothekennetz in allen Regionen Deutschlands garantieren zu können.

Das sehen viele Apotheker ohne Preisbindung nicht mehr gewährleistet. "Wenn sich Versandhändler die Rosinen rauspicken, würden diese Apotheken und letztlich dann auch die Patienten die Auswirkungen spüren", sagte ein Sprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände im Vorfeld der Entscheidung. Gerade kleinere Apotheken hätten schon jetzt nahezu keine wirtschaftlichen Spielräume, leisteten jedoch wichtige Gemeinwohlaufgaben wie Nacht- und Notdienste.

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