Förderbanken:Ermittlungen gegen Ex-EIB-Chef Werner Hoyer

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Werner Hoyer bei einer Pressekonferenz im Jahr 2019. Damals war er noch Präsident der Europäischen Investitionsbank. (Foto: EMMANUEL DUNAND/AFP)

Die europäische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Ex-Chef der Europäischen Investitionsbank. Es geht unter anderem um den Verdacht von Korruption. Hoyer weist die Vorwürfe als haltlos zurück.

Von Jan Diesteldorf, Meike Schreiber, Markus Zydra, Brüssel, Frankfurt

Für Werner Hoyer hat seine langjährige Tätigkeit an der Spitze der Europäischen Investitionsbank (EIB) ein unangenehmes Nachspiel. Die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) ermittelt gegen den 72-Jährigen wegen des Verdachts der Korruption, des Amtsmissbrauchs und der Veruntreuung von EU-Geldern. Hoyer, der bis Ende 2023 zwölf Jahre lang die Hausbank der EU in Luxemburg leitete, weist die Vorwürfe als „absurd und haltlos“ zurück und sichert auf Anfrage zu, mit den Ermittlern zu kooperieren. Er erwarte eine „vollständige Aufklärung dieser Angelegenheit“ seitens der EUStA.

Die Ermittlungsbehörde mit Sitz in Luxemburg ist dafür zuständig, Straftaten zulasten des EU-Haushalts aufzuklären. Darunter fallen auch sämtliche möglichen Korruptionsfälle in EU-Behörden. Am Montagmorgen hatten die Behörde mitgeteilt, die EIB habe die Immunität zweier ehemaliger Beschäftigter aufgehoben. Ursprung der Ermittlungen sei ein Hinweis des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung gewesen. Weitere Auskünfte lehnte die EUStA (englische Abkürzung: EPPO für European Public Prosecutor's Office) unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen ab.

Dass unter anderem der frühere Bankpräsident Hoyer verdächtigt wird, hatte zuerst die Financial Times berichtet. Hoyers Anwalt Nikolas Gazeas zufolge geht es in den Ermittlungen um die Abfindung eines ehemaligen EIB-Beschäftigen. Die entsprechende Vereinbarung habe Hoyer unterzeichnet. Man müsse aus juristischer Sicht wissen, „dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens durch die EPPO sehr niedrig sind“, teilte Gazeas mit. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass der Unterzeichner einer Vereinbarung auch Gegenstand einer Untersuchung werde. Allerdings, so der Strafverteidiger: „Mein Mandant war an den Verhandlungen über das Ausscheiden des EIB-Mitarbeiters nicht beteiligt“. Sein Mandant habe daher auch ausdrücklich die Aufhebung seiner Immunität erbeten, damit dieser Vorwurf aufgeklärt werden könne.

Bis zu seinem Wechsel nach Luxemburg war Hoyer von 1987 bis 2012 Bundestagsabgeordneter der FDP, zeitweise parlamentarischer Geschäftsführer, FDP-Generalsekretär und Staatsminister im Auswärtigen Amt. 2012 nominierte ihn die Bundesregierung für den Posten des EIB-Chefs in Luxemburg, wo der Außen- und Sicherheitspolitiker fortan den Aufstieg des Hauses zu einem der wichtigsten Finanzierungsinstrumente der EU gestaltete.

Berichte über toxisches Arbeitsklima

Nicht zuletzt bei der Frage nach einer EU-Rüstungsfinanzierung fällt immer wieder der Name der Bank. Sie gehört allen EU-Staaten gemeinsam und hat seit ihrer Gründung 1958 mehr als eine Billion Euro an Finanzierungen ermöglicht. Eine Schlüsselrolle hat sie etwa beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Europa. In Hoyers Amtszeit wuchs die Mitarbeiterzahl der Bank von etwa 1600 auf mehr als 4000 an. Zu Jahresbeginn übergab er an die frühere spanische Wirtschaftsministerin Nadia Calviño. Just vergangene Woche hatte der Bundesrechnungshof beklagt, dass die EIB trotz ihrer Größe keiner unabhängigen externen Bankenaufsicht und nur einer eingeschränkten Finanzkontrolle unterliegt.

Hoyer wirkte stets viel nach außen und verschaffte der Bank mit ihrem mehr als 500 Milliarden Euro großen Kreditportfolio eine zuvor nicht gekannte Sichtbarkeit. Allerdings galt er intern als umstritten. Bereits 2021 hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg über ein „toxisches“ Arbeitsklima berichtet. Im April 2023 beklagte der Personalrat der EIB in einem Brief an die EU-Finanzminister und das EU-Parlament, bei der EIB komme es zu „politischen Personalentscheidungen“: Das Auswahlprozedere für das Management und den Präsidenten solle sich endlich an der „Kompetenz und Berufserfahrung im Bankensektor“ ausrichten. Nach einer dort zitierten Mitarbeiterumfrage hielten nur 19 Prozent der Belegschaft die Führungsriege um Hoyer für ein Vorbild bezüglich Ethik und Integrität. Nur 16 Prozent der Mitarbeiter empfinden die Personalentscheidungen des Instituts als „fair“. Zudem war seinerzeit herausgekommen, dass mehrere hochrangige Manager der EIB 2017 und 2018 Gehaltszuschläge kassiert hatten, auf die sie kein Anrecht hatten. Ein Whistleblower hatte den Fall gemeldet. Der Schaden belief sich auf rund 1,6 Millionen Euro. Das Geld wurde zwar zurückbezahlt, weitere direkte Folgen für die Mitarbeiter – etwa Entlassungen – hatte der Vorgang indes nicht.

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