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EEG-Umlage für Unternehmen:Gabriel setzt Privilegien für energieintensive Konzerne durch

Weil Deutschland Tausende Unternehmen von der EEG-Umlage befreit, hat die EU ein Verfahren gestartet. Nun konnte Wirtschaftsminister Gabriel jedoch einen Kompromiss aushandeln, der die besonders energieintensiven Betriebe weiterhin mit großzügigen Rabatten versieht.

Darf die Bundesregierung energieintensive Unternehmen um Milliarden Euro entlasten? Nein, sagt die EU: Befreit Deutschland seine Industrie von der Ökostrom-Umlage, verzerrt das den Wettbewerb, lautet die Argumentation aus Brüssel. Dass die Vergünstigungen grundsätzlich jedoch weiterhin gültig sind, darauf haben sich die EU und die deutsche Regierungsspitze nun in der Nacht auf Dienstag geeinigt.

Die Lösung geht in einzelnen Punkten für besonders stromintensive Betriebe über bereits gefundene Kompromisse hinaus: So sollen alle 65 ausgewählten Branchen 20 Prozent der Umlage zur Ökostrom-Förderung zahlen, aber nur bis zu einer Kappungsgrenze von vier Prozent ihrer Bruttowertschöpfung - also des Wertes der produzierten Waren abzüglich der Vorleistungen wie zum Beispiel Rohstoffe. Bisher hatte die Kommission eine Grenze von fünf Prozent verlangt.

Für besonders energieintensive Betriebe sollte die Grenze eigentlich bei 2,5 Prozent der Bruttowertschöpfung liegen. Hier hat die Bundesregierung sich aber Spielraum ausgehandelt, für einzelne Branchen werde die Grenze bei 0,5 Prozent der Wertschöpfung liegen, wie Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagte. Das Previleg sei gerechtfertigt, weil die Betriebe im internationalen Wettbewerb stünden und sehr hohe Energiekosten hätten. Außerdem gehe es "im Kern um sehr, sehr viele Arbeitsplätze. Es könne nicht darum gehen, zugunsten der Verbraucher Arbeitsplätze in Deutschland auf's Spiel zu setzen.

Details zum Kompromiss sollen in den kommenden Wochen festgelegt werden. Das Bundeskabinett beschloss daher an diesem Dienstag zwar die Reform des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes, die Regelung zu den Industrie-Rabatten wurde allerdings noch ausgespart. Sie soll Gabriel zufolge aber im Mai erneut Thema sein.

Im Dezember hatte die EU-Kommission wegen der umfassenden Rabatte ein sogenanntes Beihilfeverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Die Bundesregierung entlastet bisher Firmen, wenn sie "stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes mit hohem Stromverbrauch oder Schienenbahnen" sind. Ihnen wird bis zu 99 Prozent der Umlage erlassen (Details hier als PDF).

Derzeit sind knapp 2100 Unternehmen befreit, das Entlastungsvolumen beträgt 2014 etwa fünf Milliarden Euro. Ein Durchschnittshaushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden zahlt im Jahr netto knapp 220 Euro Ökostrom-Umlage. Experten zufolge wären es etwa 45 Euro weniger, wenn es die Industrie-Rabatte nicht gäbe. Daher hat die Einigung Auswirkungen auf die Entwicklung des Strompreises.

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